B. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge.
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Noch jetzt sind hier vulkanische Kräfte tätig: der 1300 m hohe, mit
der Zahnradbahn ersteigbare Vesuv (s. Bild 15 und 16), der Stromboli
auf den Liparischen Inseln und der am südöstlichen Bruchrande des Sizili-
schen Apennin zu fast dreifacher Brockenhöhe aufgeschüttete Ätna'.
Kesselartige Scholleneinbrüche am Ostrande des Tyrrhenischen Meeres § 161,
gliedern die Westküste in zahlreiche Buchten.
Seltener sind die Einbrüche auf der Ostseite, und so tritt hier in
flach geschwungener Linie der mittlere Apennin mit seinen tief zerfurchten
Schollen hart an das Adriatifche Meer heran. Näher der Ostküste
erreicht in der wilden Doppelkette der Abrnzzen der Schneegipfel des
Gran Sasso d'Jtalia^ fast Zugspitzenhöhe.
Die Ostseite hat ein größeres Küstenglied in der angegliederten früheren
Insel des Monte Gärgano. Tief und breit schneidet der Golf von
Tarent von SO. ein, und die trockene weite Apulische Ebeue stößt
nach W. vor auf die Kampanische Fruchtebene zu, mit der sie durch die
Senke von Benevent in Verbindung steht.
Die Westseite aber ist durch reichere Küstengliedernng, durch Küsten-
Niederungen, durch größere Flüsse und Siedlungen vor der Ostseite be-
vorzngt. Sie ist „das Antlitz der Halbinsel".
Geologisches. Das einstige Hochland im Innern des Apenninbogens ist § 162.
durch Einbruch der ganzen Scholle bis auf Sardinien, Korsika und kleinere Trümmer-
stücke verschwunden. Am Brnchrande sind zwischen den vielfach zertrümmerten
Vorketten der Apenninen und zwischen eingesunkenen und dann mit jungen Erd-
arten überlagerten Niederungen vulkanische Aufschüttungen erfolgt (die in Bogen-
linie angeordneten Kraterseen vom Bolseno bis zum Albaner See). Die Erd-
schollen sind noch nicht völlig zur Ruhe gelangt, daher sind Erdbeben
häusig, und vulkanische Ausbrüche kommen noch an drei Stellen vor
(mit Unterbrechungen, s. § 160, Bild 15 und 16).
Der Apennin weist nur wenig Urgesteine auf, er besteht vorwiegend aus Kreide-
gesteiu und tertiären Kalken. Er ist arm an Eisenerzen und Steinkohlen.
Zahlreich sind die vulkanischen Gesteine. Der vorherrschende Kalkstein
läßt das Wasser stark durch und bildet zahlreiche Höhlen. Die Berghänge werden
von den Regengüssen stark abgespült, und so sind die oberen Lagen der Gebirge
kahl uud felsig, ohne die duftigen Almen und den Nadelholzgürtel der Alpen.
Das Klima der Oberitalischen Ebene ist noch binnenländisch § 163.
und entspricht dem des s. Mitteleuropa, hat auch noch mit kurzen, oft
strengen Wintern zu rechnen. Erst das Gebiet im inneren Apennin-
bogen und Süditalien haben mittelmeerisches Klima (s. § 13,ü).
Für das Landschaftsbild unter der Herrschaft dieses Klimas sind die
Oliven, die Pinien, die Zypressen uud die je weiter nach S., um so
häufiger auftretenden Orangen und die aus Mexiko eingeführten Agaven
kennzeichnend.
1 Diese höchste Erhebung Italiens außerhalb der Alpen ist durch ihre großartige
Fernsicht berühmt, die bei den italienischen Bergen überhaupt durch die wunderbare Klarheit
der Luft gefördert wird. — Wb. Wünsche, Land und Leben II, 7.
2 D. i. Großer Fels Italiens.