10. E. H. Shackleton.
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so muß man doch bis nach Süd-Italien, bis nach Terracina gehen, um sie in gleicher
Weise entwickelt zu finden. Mittel-Italien beherbergt nur einzelne Vertreter, und
Agrumen kommen in Rom nur unter besonderem Schutz fort. Auch nach dem Pflan-
zenkleid ist eine Dreiteilung Italiens möglich. Die größere Hälfte Italiens, vor allem
die Gebirge des Innern, gehören der mitteleuropäischen Flora an, wo die Wälder aus
Edelkastanien, Buchen, Tannen, sommergrünen Eichen u. dgl. bestehen. Aber die
Baumgrenze steigt von den Alpen nach S nicht weiter an, ja sie liegt eher niedriger als
am Südhange der Alpen.
Man pflegt die Pflanzenwelt des Mittelmeergebietes in die drei Formationen
der Wälder, der Macchien (Gestrüppdickichte) und der Matten zu sondern, zu denen
die beiden Formationen der Kulturpflanzen Saatfelder und Fruchthaine hinzukommen.
Die Wälder, an denen Italien wie alle alten Kulturländer des Mittelmeergebietes
arm ist und bei noch wenig geregelter Forstwirtschaft (einzige Forstschule Valombrosa
bei Florenz) täglich ärmer wird, kann man in solche der immergrünen Region und
Gebirgswälder scheiden, beide mit sehr verschiedenem Habitus. Eine Charakterforma-
tion der Mittelmeerländer sind die Macchien, meist niedrige, kaum 2 m hohe Dickichte
immergrüner, meist dürftig belaubter, aber besonders im Frühling zur Blütezeit
wundervoll duftiger Sträucher. Im südlichen Toskana, an der Riviera besonders
am Vorgebirge von Portofino, in Sardinien und in Korsika kann man den vollen
Zauber dieser Formation auf sich wirken lassen. Die Matten treten an Stelle unserer
Wiesen, auch als Weideland, haben aber, weil ihr Pflanzenkleid sehr dürftig und im
Sommer sonnenverbrannt ist, als solches geringen Wert.
10. Der äußerste Punkt.
Von E. H. Shackleton („21 Meilen vom Südpol", I. Band, Berlin 1909).
6. Januar. Zum letzten Male auf zum Marsch mit dem Schlitten und unserer
Ausrüstung! Morgen lassen wir das Lager hinter uns mit etwas Proviant, dringen
dann so weit als möglich nach Süden vor und hissen unsere Flagge. Die heutigen Ereig-
nisse lassen sich kurz fassen. 39,5° R Frost bei starkem Sturme und heftigem Schnee¬
gestöber; dennoch konnten wir 24,610 Kilometer zurücklegen, obwohl die Passage
über weiche Schneemassen ging, doch wir hatten unsere Rationen vergrößert. Damit
ist aber noch nicht gesagt, daß wir unsere gewöhnlichen vollen Quanten aßen. Der
Ponymais ist längst verbraucht. Dies war der schlimmste Tag, den wir bislang erlebt
haben, denn unsere Finger und Gesichter erstarrten wiederholt. Morgen stürmen
wir vorwärts mit der Fahne. Heute abend sind wir auf 88° 7' südlicher Breite. Es
stürmt heftig. Ich würde meinen Gefühlen kaum richtigen Ausdruck geben können,
wenn ich versuchen würde, unsere Stimmung jetzt so nahe am Ende zu schildern. Nur
ein einzig Ding kann den Schmerz der Enttäuschung lindern, und das ist die Überzeugung,
daß wir unser Möglichstes versucht haben. Die Gewalt der Natur hielt uns vom
Ziele zurück. Ich kann nicht mehr schreiben.
7. Januar. Ein heulender Schneesturm erschwert den Gebrauch der Augen.
Temperatur 40—45° R Frost. Wir konnten unmöglich das Zelt verlassen, da es an
der Leeseite vollständig im Schnee vergraben lag. Wir blieben in unseren Schlaf-
fäcken, welche ein feiner Schnee, der durch die abgenutzten Wände drang, bedeckte;
nur zur Essenszeit fühlen wir uns etwas wärmer. Wir liegen zusammengepfercht.
Adam leidet an Krampfanfällen. Unser Proviant schwindet zusehends, ohne daß wir
weiterkommen. Der Wind hatte eine Stärke von 127—145 Kilometer per Stunde.