Full text: Allgemeine Geographie, Mathematische Geographie, Das Deutsche Reich (Teil 3)

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zählt, dabei aber nicht beachtet, daß es sich meist um Kolonisierte Deutsche mit 
wasserpolnischer Mundart handelt, das vom Hochpolnischen weit entfernt, weder 
Literatur- noch Urkundensprache ist. Ostpreußen ist ein großes reindeutsches 
Sprachgebiet und sendet einen Ausläufer nach Danzig, so daß die Weichsel auf 
deutschem Sprachboden das Meer erreicht. Überhaupt bildet das Polnische ein- 
schließlich des ihm verwandten Kassubischen in Westpreußen nur eine Sprachinsel 
westlich der Weichsel. Denn eine Brücke überwiegend deutscher Siedlungen und 
Menschen reicht von der heutigen deutschen Grenzstadt Schneidemühl über Brom- 
berg und Graudenz nach Ostpreußen. Erst südlich davon schiebt sich wie ein Brand- 
pfähl vorwiegend polnisches Volk in die deutsche Ostflanke. Aber weder hier, noch 
sonst gibt es irgendwo ein großes geschlossenes polnisches Sprachgebiet mit mehr 
als 95% polnisch redender Menschen, wie es ein geschlossenes deutsches oder fran- 
zösisches Sprachgebiet gibt, während in den Ostmarken Ostpreußen ohne Masuren, 
Danzig und das Land zwischen Thorn und Bromberg solche Ansprüche erfüllen. 
Geschichte. Nachdem zur Zeit der Völkerwanderung die Germanen aus ihren Ursprung- 
lichen Sitzen zwischen Oder und Weichsel abgezogen waren, drängten die Slawen nach und 
nahmen meist dieselben Wohnplätze ein, unfähig das große Waldland weiter zu besiedeln. Seit 
dem 12. Jahrhundert holten sie sich deutsche Hilfe, teils um sich der Nachbarn zu erwehren, 
teils um eine bessere Bodenbearbeitung von den kulturell höher stehenden Deutschen zu lernen 
oder sich Städte nach deutschem Recht gründen zu lassen. So wurde der deutsche Orden 1226 
von Konrad von Masovien zum Schutz gegen die Preußen gerufen und ließ sich das eroberte 
Heidenland vom Deutschen Kaiser verleihen. So schufen deutsche Bauern und Mönche im Wald- 
rodungsprozeß des 12. bis 14. Jahrhunderts in friedlichem Zusammenleben mit den Slawen in 
Oberschlesien deutsches Ackerland und deutsche Städte. Rückschläge blieben nicht aus. Die un- 
glückliche Schlacht bei Tannenberg (1410) brachte Westpreußen unter polnische Gewalt. Fürst- 
liche Streitigkeiten, die Kämpfe von der Hussitenzeit bis zum Zvjähriaen Krieg führten zur 
Abwanderung deutscher Bauern und Bürger von der rechten Oderseite Oberschlesiens. Friedrich 
des Größen Schwert und Staatsklugheit gewannen Westpreußen und in schweren Kriegsjahren 
zuvor Schlesien, das seit dem 12. Jahrhundert eigene Herzöge und seit dem 14. Jahrhundert 
überhaupt keinen Staatszusammenhang mit Polen mehr gehabt hat. 1793 kamen die Provinz 
Posen und Danzig und Thorn an Preußen. Sofort setzte neue deutsche Kolonisationsarbeit ein 
— Trockenlegung der Brücher, Belebung und Ausbau der Erz- und Kohlengewinnung — und 
hat im 19. Jahrhundert aus den Ostmarken bei anwachsender Bevölkerungszahl die Wirtschaft- 
lich hochbedeutsamen Provinzen gemacht. 
Wirtschaftliche Bedeutung. Der wirtschaftliche Wert der Provinzen West- 
Preußen und Posen beruhte darauf, daß sie bei weitem mehr landwirtschaftliche 
Erzeugnisse hervorbrachten, als sie selbst verbrauchten. Solche Überschußgebiete 
sind uns bei unserer zunehmenden gewerbetätigen Bevölkerung um so schwerer 
entbehrlich, als wir schon beim Besitzstand von 1914 nur 90% unseres Volkes 
aus eigenen Bodenerträgen ernähren konnten. Die Provinzen Westpreußen und 
Posen lieferten aber zusammen 1/6 der deutschen Roggen-, Gersten- und Kartoffel- 
ernte, 1/12 des deutschen Weizen- und Haferertrages, im ganzen also 15% der 
deutschen Gesamternte und 9% des deutschen Rinder- und Schweinebestandes. 
Zu den Acker- und Weideflächen kommen große Waldbestände. Auch Oberschlesien 
hat von allem ein gut Teil. Doch das Schwergewicht des Landes hat sich im 
19. Jahrhundert in seinen Jndustriebezirk verlegt, eine in ihrem gesamten Um- 
fange reindeutsche Leistung. Seit 1804 wuchs in Oberschlesien die Bevölkerungs- 
zahl um das Viereinhalbfache, und in rastloser Arbeit erzeugten 1914 die 200000 
Bergarbeiter y4 der deutschen Kohlengewinnung, 3/5 der deutschen Zink-, 
Vs der Blei- und 1/1G der deutschen Roheisengewinnung. 
für internationale 
Schulbuchforschung 
Braunschw .ig 
Schulbut^ipivJJwJtJiwk
	        
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