Punkte und Linien an der Himmelskugel. Mittagslinie. Bewegung der Sonne. 65
der Himmelskugel und wird wie jeder Kreis in 360° geteilt. Der vom
Horizont umschlossene Teil der Erdoberfläche heißt die Horizontfläche,
kurzweg ebenfalls Horizont genannt. Der Beobachter steht stets im Mittel-
punkte der von ihm überschauten Fläche, und dieser Punkt heißt sein Standort.
Der Horizont ist um so größer, je weniger Hindernisse die Aussicht be-
schränken und je höher der Standpunkt des Beobachters ist*) (Ozean,
hoher Berg).
§ 2. Punkte und Linien an der Himmelskugel. Der senkrecht über
dem Beobachter gelegene Punkt der Himmelskugel heißt der Zenith oder der
Scheitelpunkt, der entgegengesetzte der Nadir oder der Fußpunkt. Die gerade
Linie, die Zenith und Nadir verbindet, heißt Scheitellinie. Sie geht
durch den Standort und steht senkrecht auf der Horizontflüche. Kreise,
die durch Zeuith und Nadir gehen, heißen Scheitelkreise. Scheitelkreis
und Horizont halbieren einander gegenseitig.
Der durch den N.- und S.-Punkt gelegte
Scheitelkreis heißt Mittags- oder Meridian-
kreis; er teilt das Himmelsgewölbe in eine
ö. und w. Halbkugel, und die Sonne geht am
Mittag und um Mitternacht durch ihn hin-
durch.**)
§ 3. Mittagslinie. Die gerade Linie,
die N.- und S.-Pnnkt des Horizonts verbindet,
heißt Mittagslinie; die Senkrechte auf dieser
trifft den Horizont im Ost- bezw. Westpunkte
uud zwar so, daß ein nach Norden sehender Fig. 4. Gnömön.
Beobachter den Ostpunkt rechts hat.
Ohne Benutzung einer Uhr läßt sich die Mittagslinie aus folgende Art be-
stimmen. Es werde um den Fußpunkt a des senkrechten Stabes (Fig. 4) ein
Kreis gezogen, hier etwa der innerste. Nun werden diejenigen beiden Stellen
c und d des Kreises beobachtet, auf die im Laufe eines Tages das Ende des
Stabschattens trifft. Die gesuchte Mittagslinie halbiert von a aus das Bogen-
stück cd. Um größere Genauigkeit zu erzielen, kann man die gleiche Beobachtung
noch für andere konzentrische Kreise anstellen. Als Endpunkt des Stabes be-
trachtet man zweckmäßig die Öffnung d in der Scheibe. Die hier angewandte
Vorrichtung nannten die Alten das Gnömön.
Nachts kann man die Nordsüd-Richtung mittels des Polarsterns finden.
Ein auf diesen Stern sehender Beobachter hat Nord gerade vor sich.
Auch bei bedecktem Himmel und unter der Erde kann die Mittagslinie
stets mit Hilfe der Magnetnadel gefunden werden, wenn man die Abweichung
der Nadel von der wahren N.S.-Richtung beachtet. Sie beträgt im mittleren
Deutschland gegenwärtig etwa 11° gegen Westen.
8 4. Die (scheinbare) tägliche Bewegung der Sonne. Wenn die
Sonne am Morgen im Horizont erscheint, so sagt man, sie geht auf. Die
Stelle des Horizonts, in der der Mittelpunkt der Sonnenscheibe zur Zeit des
*) Nur der natürliche Horizont kommt hier in Betracht.
**) An dieser Stelle genau genug.
v. Seydlitz, Geographie. AuSg. E. Heft 4. k