Full text: Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten

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236. Die Kaiserwahl. 
Sümpfe trocknen und öde Strecken in fruchtbare Gefilde umwandeln. 
In der Pflege der Landwirtschaft ging er selbst mit dem besten Beispiele 
voran. Auf seinen Gütern herrschte die größte Ordnung. Der Ackerbau 
wurde dort nach seinen eigenen Anordnungen ganz musterhaft betrieben; 
denn er selbst war ein sehr kundiger Landwirt, der seinen Verwaltern 
die trefflichsten Vorschriften erteilte über die Zucht der Haustiere und 
Bienen, die Bereitung des Weines und Bieres, des Honigs und Wachses 
sowie über den Feld- und Obstbau, die Gärtnerei und Fischerei. Auch 
die Gewerbe fanden in den Pfalzen weise Pflege. Die Baukunst konnte 
sich durch Errichtung von Kirchen (Aachen) und Klöstern sowie kaiser¬ 
licher Burgen entfalten. 
So lernen wir in Karl dem Großen nicht bloß einen großen 
Krieger und Gesetzgeber sondern auch einen Pfleger jeder Kultur, der 
Wissenschaft und der Künste wie der Gewerbe und des Handels, und 
einen erfahrenen Landwirt kennen. Es ist kein Wunder, daß er heute 
noch in Sage und Dichtung fortlebt. Nach Fischer und Andrä. 
236. Die Kaiserwahl. 
(1125.) 
Der fromme Kaiser Heinrich war gestorben, 
Des sächsischen Geschlechtes letzter Zweig, 
Das glorreich ein Jahrhundert lang geherrscht. 
Als nun die Botschaft in das Reich erging, 
Da fuhr ein reger Geist in alles Volk: 
Ein neu Weltalter schien heraufzuziehen, 
Da lebte jeder längst entschlafne Wunsch 
Und jede längst erloschne Hoffnung auf. 
Kein Wunder jetzo, wenn ein deutscher Mann, 
Dem sonst so Hohes nie zu Hirne stieg, 
Sich, heimlich forschend, mit den Blicken mafs! 
Kann’s doch nach deutschem Rechte wohl gescheh’n, 
Dass, wer dem Kaiser heut’ den Bügel hält, 
Sich morgen selber in den Sattel schwingt. 
Jetzt dachten unsre freien Männer nicht 
An Hub- und Haingericht und Markgeding, 
Wo man um Esch’ und Holzteil Sprache hält; 
Nein, stattlich ausgerüstet zogen sie 
Aus allen Gauen, einzeln und geschart, 
Ins Maienfeld hinab zur Kaiserwahl. 
Am schönen Rheinstrom zwischen Worms und Mainz, 
Wo unabsehbar sich die ebne Flur 
Auf beiden Ufern breitet, sammelte 
Der Andrang sich; die Mauern einer Stadt 
Vermochten nicht das deutsche Volk zu fassen. 
Am rechten Ufer spannten ihr Gezelt 
Die Sachsen samt der slav’schen Nachbarschaft, 
Die Bayern, die Ostfranken und die Schwaben;
	        
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