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Allgemeine Erdkunde.
Das Magma liegt in seiner großen Masse so tief (Fig. 10). daß es an den
vulkanischen Ausbrüchen der geologischen Gegenwart nur durch feine Anslänser
Anteil hat, denn die Ausbruchsherde liegeu iu geringer Entfernung vou der
Erdoberfläche. Mau nimmt an, daß bis in nicht erhebliche Entfernung vou
der Oberfläche vereinzelte Ausläufer des ausdehnungsbedürftigen Magmas iu-
folge von Zerreißungen der Erdrinde in Spalten und Kanäle vorgedrungen und
durch Minderung des Druckes iu der Spalte iu völlig flüssigen Anstand über-
gegangen sind. Falls in diese von oben her Wasser in Dampfform eindringt
und absorbiert wird, eröffnet es durch seine Explosion die Auswurfstätigkeit. Bei
dieser entweichen in bestimmter Reihenfolge auch die anderen Gase, die im Magma
enthalten sind. Bei den Ausbrüchen von Lava jedoch wirkt nur verhältnismäßig
wenig Dampf mit, und die Vermutung hat viele Anhänger gefunden, daß das
Magma durch die Zusammenziehung der Erdkruste oder durch Senkungen des Meeres-
bodens gewissermaßen ausgequetscht ist. Dadurch wäre zugleich die Erklärung dafür
gegebeu, daß die vulkanische Tätigkeit besonders häufig au den Stellen austritt, wo
die Einbruchsgebiete der Ozeane das Land berühren, so namentlich auf den südost-
asiatischen Inseln, an der Westseite Amerikas und in Mittelamerika. An diesen
Bruchrändern ziehen die reihenweise in geschwungenen Linien auftretenden Feuer-
berge wie Ketten von Perlschnüren von den Andamanen bis nach Kamtschatka und
hinüber nach Alaska, von Mexiko bis nach Chile.
Ist die Ursache der Auswurfstätigkeit entfernt oder der Krater verstopft, so
hört die Tätigkeit ^des Fenerberges zeitweilig auf. Ist der Herd des Magmas er-
schöpft, so erlischt sie dauernd, doch ist das Vertrauen auf die Ruhe oft trügerisch.
So galt der Vesuv (Bild 14) bis 79 n. Chr. für erloschen. Wirft der Vulkan nur die
Trümmer der durchbrochenen Erdrinde ans, erleidet er dann aber eine Verstopfung
des Kraters nach unten hin und findet so nach einmaligem Ausbruchsversuche
das Eude seiner Answnrsstätigkeit, so entsteht nur eine kreisförmige oder ovale
Vertiefung, in der sich Wohl ein Kratersee bildet, wie die kleinen Maare der Eisel
und der Auvergne.
Die Zahl der im letzten Jahrhundert tätigen Feuerberge beträgt über 300.
Zu den erloschenen Vulkanen gehören auch der Kilimandscharo (6000 m) und
der Kamerünberg (4000 in). Der höchste der tätigen Vulkane ist der Cotopäxi
(6000 m). der umfangreichste der Manna Loa (4200 m).
Erscheinungen vulkanischer Art siud ferner die Fnmarolen (Gasquellen),
Solfataren (Schwefeldampfquelleu) und Mofetten (Kohlensäuregasquellen).
ß 15. Veränderungen in der Gestalt des Landes bringt jeder Tag. Sie
werden außer durch die Tätigkeit des Meeres und die fortdauernde Faltung
der Erdrinde namentlich bewirkt durch
a) Erdbeben und Vulkanismus. Die Erdbeben sind überwiegend nicht
vulkauischer, sondern tektonischer Art oder Dislokationsbeben, d. h. in Verände-
rnngen des Baues der festen Erdkruste, Verschiebung ihrer Schichten begründet.
Sehr häufig siud die Einsturzbeben, die durch Einsturz von Hohlräumen in
der Erdrinde hervorgerufen werden. Die Beben, die oft zahllose Lebewesen der
Erde in wenigen Augenblicken vernichtenl, sind dermaßen häufig, daß durchschnittlich
auf je 2 Tage drei kommen. Nur in jüngeren Flachländern fehlen sie ganz, in Japan
dagegen zählt mau im Jahresdurchschnitt an 600. Vulkanismus s. § 14.
i Das verheerendste Erdbeben zerstörte 1891 in Zentraljapan 7300 Menschenleben und
197000 Gebäude völlig, beschädigte 17 500 Menschen und 78 000 Gebäude. Der Ge-
samtschaden wurde auf 90 Mill. Mark geschätzt.