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Kerner.
14. Da auf einmal wird der Saal
Hell von überird'schem Lichte,
Und entschlummert sitzt der Held,
Himmelsruh' im Angesichte.
15. Glocken dürfen's nicht verkünden,
Boten nicht zur Leiche bieten,
Alle Herzen längs des Rheins
Fühlen, daß der Held verschieden.
16. Nach dem Dome strömt das Volk,
Schwarz, unzähligen Gewimmels.
Der empfing des Helden Leib,
Seinen Geist der Dom des Himmels.
Die lyrischen Gedichte, S. 208 ff.
285. Der reichste Fürst.
1. Preisend mit viel schönen Reden .
Ihrer Länder Wert und Zahl,
Saßen viele deutsche Fürsten
Einst zu Worms im Kaisersaal.
2. „Herrlich", sprach der Fürst von
Sachsen,
„Ist mein Land und seine Macht;
Silber hegen seine Berge
Wohl in manchem tiefen Schacht."
3. „Seht mein Land in üpp'ger Fülle,"
Sprach der Kurfürst von dem Rhein,
„Goldne Saaten in den Tälern,
Auf den Bergen edlen Wein!"
4. „Große Städte, reiche Klöster",
Ludwig, Herr zu Bayern, sprach,
„Schassen, daß mein Land den euren
Wohl nicht steht an Schätzen nach."
5. Eberhard, der mit dem Barte,
Württembergs geliebter Herr,
Sprach: „Mein Land hat kleine
Städte,
Trägt nicht Berge silberschwer;
6. Doch e i n Kleinod hält's verborgen:
Daß in Wäldern, noch so groß,
Ich mein Haupt kann kühnlich legen
Jedem Untertan in Schoß."
7. Und es rief der Herr von Sachsen,
Der von Bayern, der vom Rhein:
„Graf im Bart! I h r seid der Reichste,
Euer Land trägt Edelstein'".
Die lyrischen Gedichte, S. 71 f.
286. Wanderlied.
i. Wohlauf! noch getrunken
Den funkelnden Wein!
Ade nun, ihr Lieben,
Geschieden muß sein!
Ade nun, ihr Berge,
Du väterlich Haus!
Es treibt in die Ferne
Mich mächtig hinaus.
2. Die Sonne, sie bleibet
Am Himmel nicht stehn,
Es treibt sie, durch Länder
Und Meere zu gehn.
Die Woge nicht haftet
Am einsamen Strand,
Die Stürme, sie brausen
Mit Macht durch das Land.