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Während der spanischen Unruhen sagten sich Mexiko und die südameri-
konischen Republiken vom Mutterlande los und erkämpften in einem Kriege,
der von 1810 bis 1824 dauerte, ihre Unabhängigkeit.
Wie in Spanien kam es auch in Portugal wegen der Verfassung zu
Unruhen. Im Jahre 1822 machte sich Brasilien von Portugal unabhängig.
Es bildete seitdem ein Kaiserreich, das bis 1889 bestand.
2. Italien. Nach Napoleons Sturze wurde Murat aus Neapel ver-
trieben, und der frühere Herrscher Ferdinand I. nahm als „König beider
Sizilien" Neapel und Sizilien wieder in Besitz. Wie in anderen Ländern
verlangte das Volk nach einer Verfassung. Diese Absicht verfolgte besonders
die Geheimverbindung der Karbonari. Im Jahre 1820 brachen Un¬
ruhen aus, und der König mußte fliehen. Österreich, das schon die
Lombardei und Venetien besaß, unterdrückte im Namen der Großmächte den
Aufstand.
3. Der griechische Befreiungskampf, 1821—1829. In Griechenland,
das schwer unter der türkischen Herrschaft litt, arbeitete seit Ende des
18. Jahrhunderts eine geheime Gesellschaft, die Hetärle, an der Befreiung
des Vaterlandes. 1821 rückte Alexander Npsilönti, ein Grieche, der
in russischen Diensten gestanden, an der Spitze einer Freischar in die Donau-
länder ein und rief die dort wohnenden christlichen Völker zum Kampfe gegen
die Türken auf, doch fand er wenig Anhänger. Von den Türken besiegt,
flüchtete er nach Österreich, wo er in der ungarischen Festung Munkacs
(münkatsch) gefangen gehalten wurde. Er starb 1828.
Als die Empörung im Norden ausgebrochen war, erhoben sich auch
die Nachkommen der alten Spartaner und erstürmten Tripolitza. Ein
Nationalkongreß verkündete die Unabhängigkeit des hellenischen Volkes und
wählte einen Präsidenten. Die Greueltaten der Türken erwarben den um
ihre Freiheit kämpfenden Griechen die Teilnahme des ganzen Abendlandes.
Überall bildeten sich Griechenvereine, die Freiwillige und Geld nach Griechen-
land schickten.
Als aber Ibrahim Pascha von Ägypten, der mächtigste Vasall
der Pforte, eine gut organisierte Armee dem Sultan zu Hilfe sandte, gerieten
die Griechen in die bitterste Not. Nach der Eroberung der tapfer ver-
teidigten Festung Missolünghi in Mittelgriechenland hausten die Sieger
in der eroberten Stadt in fürchterlicher Weise; Tausende von abgeschnittenen
Ohren schickte Ibrahim nach Konstantinopel, und etwa 4000 Weiber und
Kinder wurden als Sklaven verkauft.
Bei der Nachricht von diesen Greueln traten England, Rußland und
Frankreich für die Griechen ein. Sie vernichteten die türkisch-ägyptische
Flotte im Hafen von Navarlno (1827) und zwangen durch ein Landheer
Ibrahim Pascha zum Abzüge aus dem Peloponnes. Als der russische
General Dieb Usch den Balkan überschritten und Adrianopel eingenommen
hatte, kam es zum Frieden von Adrianopel (1829), durch den