Contents: Erzählungen aus der griechischen Geschichte (Theil 1)

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wurde ein Schiff nach Lesbos geschickt, um dem Paches den 
Befehl zur Ausführung dieses Beschlusses zu überbringcn. Am 
folgenden Tage bereuten die Athener ihren übereilten Beschluß, 
und eine neue Volksversammlung ward berufen. Doch Kleon 
fühlte keine Reue über dieses Bluturtheil und beharrte fest auf 
seiner Meinung. Dagegen trat ein anderer Athener von milde¬ 
rer Gesinnung auf und brachte es durch seine Rede dahin, daß 
die Mehrzahl des Volks seiner Meinung beistimmte. Ein zwei¬ 
tes Schiff wurde schnell nach Lesbos abgcordnet, um die Aus¬ 
führung des ersten Beschlusses zu Hintertreiben. Es kam noch 
zur rechten Zeit an, die Mitylenäcr wurden gerettet, nur jene 
gefangenen Vornehmen, die in Athen verhaftet waren, wurden 
aus Betrieb des blutgierigen Kleon hingerichtet; es waren ihrer 
über 1000. Die Lesbier verloren ihre Ländereien, die unter 
Athenische Bürger vertheilt wurden. 
Auf dieselbe Weise übte Kleon auch in den folgenden Jah¬ 
ren einen ungünstigen Einfluß auf den Gang des Peloponncsi- 
schen Krieges und das Athenische Volk aus. Die Athener hatten 
die Burg von Pylos in Messenien neu befestigt und eine Be¬ 
satzung hineingelegt. Diese Anlage ward den Lacedämoniern, 
da ihre entlaufenen Heloten hier einen Zufluchtsort fanden, 
höchst gefährlich. Sie beschlossen daher, die Athenische Besatzung 
daraus zu vertreiben, aber ihre Flotte ward geschlagen und 400 
ihrer edelsten Bürger wurden aus der gegenüberliegenden Insel 
Sphakteria eingeschlossen (425). Um diese zu retten, boten die 
Lacedämonier den Athenern den Frieden an, und er wäre zu 
Stande gekommen, wenn nicht der übermüthige Kleon. der kei¬ 
nen Frieden wollte, das Volk gereizt hätte, den Feinden über¬ 
aus harte Bedingungen zu stellen, die sie nicht erfüllen konnten. 
So ward der Friede durch Kleon vereitelt. Da aber Sphakteria 
noch nicht erobert war, und das Volk, dessen Noth wuchs, gegen 
ihn, den Friedensstörer, murrte, so schob er alle Schuld auf die 
Saumseligkeit und Schwäche der Feldherren, die schon längst Sphak¬ 
teria erobert haben könnten, wenn sie nur guten Willen hätten. 
Damals war der Feldherr Nicias gerade in der Versammlung, 
und wie ihn Kleon vor dem Volke der Feigheit beschuldigte, er¬ 
bot er sich, ihm seine Feldherrnstelle abzutreten, wenn er selbst 
einen Versuch zur Eroberung der Insel machen wollte. Kleon, 
der diesen Vorschlag nicht für Ernst hielt, war anfangs bereit, 
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