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treten, und sofort stellten sie ihre Truppen unter den Befehl des
Königs von Preußen.
Am 15. Juli kehrte König Wilhelm von Ems nach Berlin zu¬
rück. Seine Fahrt glich einem Triumphzuge. Ueber all wurde er
mit Jubel begrüßt. In Berlin steigerte sich der Jubel zur glühendsten
Begeisterung. Kopf an Kopf stand das Volk in den Straßen, durch
welche der greise König fahren mußte, und endlose Hurrahs begleiteten
ihn auf dem Wege nach seinem Palais. Dort angekommen, versuchte
er zu seinem Bosse zu reden; aber die Klänge der preußischen Volks¬
hymne und des Preußenliedes übertönten feine Stimme. Nur die
Zunächststehenden verstanden die Worte: „Bei einer solchen Begeisterung
ist uns der Sieg sicher; wir können ohne Furcht der Zukunft
entgegengehen." Bis tief hinein in die Nacht ertönten die begeisterten
Ruse. Endlich gegen \/.212 Uhr treten einige Schutzleute unter die
Menge und sagen, Se. Majestät lasse bitten, nach Hause zu gehen,
er habe diese Nacht noch viel zu arbeiten. „Der König will Ruhe
haben; nach Hause, nach Hause!" erschallt es durch die Menge, und
in wenigen Augenblicken ist der große Platz leer und still.
In derselben Nacht noch wurde Kriegsrath gehalten und am
nächsten Morgen die Mobilmachung angeordnet.
Am 19. Juli, dem Todestage der Königin Luise, erfolgte die
Ueber gäbe der Kriegserklärung von Seiten Frankreichs. An demselben
Tage erneuerte König Wilhelm den Orden des eisernen Kreuzes.
Beginn des Krieges. Mit nie geahnter Schnelligkeit und
Sicherheit erfolgte nun der Aufmarsch der deutschen Heere. Mehr
als eine Million Streiter hatten auf des Königs Ruf zu den Waffen
gegriffen. An Feldtruppen standen zunächst etwa 600,000 Mann
bereit. Drei Armeen wurden am Rhein aufgestellt, die erste unter
General v. Steinmetz bei Trier, die zweite unter Prinz Friedrich Karl
westwärts von Mainz und die britte unter dem Kronprinzen Friedrich
Wilhelm im Süben ber Pfalz (zu biefer britten Armee gehörten
bie fübbeutschen Truppen unb zwei preußische Corps). Den Ober¬
befehl führte König Wilhelm selbst. — Außerbem staub in Norddeutsch¬
land eine 4. Armee zum Schutze der Küsten unter dem General
Vogel von Falkenstein aus der Wacht. Bevor König Wilhelm in
den schweren Kamps zog, feierte er mit feinem ganzen Volke am
27. Juli einen Bettag. Dann ging et am 31. Juli in Begleitung
des Bundeskanzlers, Grafen von Bismarck, des Chefs des General¬
stabes, des Schlachtendenkers v. Moltke, und des Kriegsministers
v. Roon zur Armee ab. Am 2. August übernahm er das Ober-
commando und erließ einen einfachen, pr uns tosen Armeebefehl.
An demselben Tage (2. Aug.) eröffnete die französische Armee,
welche fast ebenso stark war und mit ihren rohen und wilden afrika¬
nischen Horden, den Tnrkos und Zuaven, sowie mit ihren Chassepots
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