Full text: Deutschland, Wirtschafts- und Handelsgeographie, Kartographie und Mathematische Erdkunde (H. 2 = 2. Kl)

Heft § 166 Mathematische Erdkunde. 162 
II 
Spektrum). Die gelben Sterne — zu denen auch unsere Sonne gehört, — sind in 
der Abkühlung schon weiter fortgeschritten; der Kern hat zu-, die Dampf-Atmo- 
sphäre entsprechend abgenommen, das Spektrum zeigt viele Metall - Linien 
(f. auch Sonne § 143). Bei den roten Sternen ist die Temperatur noch weiter 
gesunken, so daß die Elemente anscheinend bereits Verbindungen eingehen 
konnten (z. B. Kohlenwasserstoffverbindungen), die im Spektrum breite Streifen 
(sog. Banden) erzeugen. 
c) Doppelsterne; veränderliche Sterne; Sternhaufen. 
§ 106 1. Ooppelsterne. In großen Fernrohren zeigt sich, daß da, wo das Auge nur einen 
Stern sieht, in manchen Fällen zwei Sterne sehr nahe beieinander stehen (Doppelsterne), von denen 
entweder der eine um den andern, oder die beide um einen gemeinschaftlichen 
Schwerpunkt kreisen. Heute sind bereits rund 10000 solcher Doppelsterne bekannt. (Auch 113 
dreifache, 9 vierfache und 1 fünffaches System hat man gefunden.) Zu den Doppelsternen gehören 
auch Sirius im Großen und Prokyou im Kleinen Hund, und zwar wurde ihr Begleiter schon 
vor seiner Auffindung errechnet (von Bessel, Direktor der Sternwarte in Königsberg, im Jahre 
1844).1 Daß man ihn lange nicht finden konnte, lag daran, daß er in beiden Fällen nur eine 
äußerst geringe Leuchtkraft hat (etwa 13. Größe). Der Begleiter des Sirius wurde 1862, der 
des Prokyou erst 1896 aufgefunden. 
2. Veränderliche (und neue) öterne. Eine Anzahl von Sternen (meist sind es rote) 
wechseln ihren Helligkeitsgrad. Die Schwankungen können sich regelmäßig und uuregel- 
mäßig vollziehen, können sehr stark (z. B. zwischen 1. und 10. Größe) und sehr gering sein und 
sehr langfristig (in Jahren) und sehr kurzfristig (in Tagen) stattfinden. Vielleicht haben diese 
Sterne, gleich der Sonne, dunkle Flecke, deren Größe sich bei der Rotation ändert. Bei einem 
von ihnen (dem Stern Algol im Perseus, unweit der Capella) handelt es sich zweifellos um eine 
„Sonnenfinsternis", d. h. es geht ein Planet vor diesem Stern vorüber (s. Diesterweg S. 339), 
und zwar alle 21/2 Tage in einer Dauer von 8^/4 Stnnden. (Also hier findet die Annahme, daß 
auch die Fixsterne Planeten haben, für einen einzelnen Fall eine Bestätigung.2 Im allgemeinen 
wird man wohl nie den Beweis für die Existenz von Fixstern-Planeten erbringen können, da diese 
als dunkle, kleine Körper nicht erkennbar sind. Daß aber ausgerechnet allein der Fixstern „Sonne" 
sein Planetensystem haben sollte, alle übrigen nicht, wäre eine völlig unbegründete Annahme).3 
Zu den veränderlichen darf man auch die „neuen" Sterne zählen, die irgendwo an einer 
Stelle, wo man sonst nie einen Stern sah, auftauchen, häufig einen sehr hohen Hellig- 
keitsgrad erreichen uud dann allmählich wieder völlig unsichtbar werden oder aber als schwach 
leuchtende Sterue bestehen bleiben. Der dänische Astronom Tycho Brahe (gest. 1601)4 erblickte 
1572 in der Cassiopeia einen Stern, der bald das hellste aller Gestirne, den Planeten Venus, 
an Helligkeit übertraf, so daß er auch bei Tage gesehen wurde, 2 Jahre später aber schon 
für das bloße Auge nicht mehr erkennbar war (Tychonischer Stern). Im Jahre 1901 tauchte 
im Sternbild Perseus (unweit der Capella) ein neuer Stern auf (die Nova Perfsi), der bald 
als Stern 1. Größe leuchtete, 1903 aber bis zur 11. Größe abgenommen hatte. (Im 19. Jahr- 
hundert sind 11 neue Sterne gesehen worden ) Man erklärt das Aufleuchten neuer Sterne damit, 
daß ein fester Weltkörper in eine kosmische Wolke („ein Gebilde fein verteilter Materie") ein- 
tritt, wobei seine Oberfläche so stark erhitzt wird, daß er sichtbar wird. 
1) Vgl. die Errechnung des Planeten Neptuu vor seiner Auffindung, § 153. 
2) Allerdings ist dieser „Planet" wenig kleiner als der Hauptstern (2/5 gegen Vs Sonnen¬ 
masse, so daß es sich eigentlich um einen Doppelstern (s. oben), nicht um eine „Sonne" 
mit einem Planeten handelt. 
3) „Wie viele Billionen Sonnen mag es geben, deren jede einem Planetensystem Licht 
und Wärme spendet und Billionen von lebenden Wesen die Möglichkeit ihres Daseins gewährt" 
(Diesterweg-Meyer S. 369). 
4) Er war es, aus dessen Beobachtungen Kepler seine drei Gesetze ableitete (§ 145).
	        
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