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wurde der Entwurf beendet, und ich suchte gegen 3 Uhr meine Lager¬
stätte auf.
Kaum hatten wir uns am andern Morgen angekleidet und Kaffee
getrunken, da hieß es: „Der Kaiser ist da und wartet in einem Hause
ungefähr V« Meile von Donchery." Sogleich fuhren die Generale
von Mollke und von Podbielski mit uns hinaus. Graf Bismarck, der
zuerst Kenntnis davon erhalten hatte, befand sich schon dort.
Es machte den Eindruck, als ob es dem Kaiser erwünscht gewesen
wäre, nicht länger in der Mitte seiner Armee zu verweilen. Tie
Niederlage hatte bei derselben alle Disziplin aufgelöst; wurde die Voll¬
ziehung der Übergabe erst bekannt, fo war von den aufgebrachten
Soldaten alles zu befürchten. Deshalb war er bereits frühzeitig bei
unsern Vorposten erschienen. Wir fanden das Geiolge des Kaisers
vor einem kleinen Bauernhans, das an der großen Straße lag. General
von Mollke trat in das Haus. Vergeblich versuchte der Kaiser, bessere
Bedingungen zu erwirken. Sehr bald kam General von Moltke wieder
heraus und fuhr mit der in der Nacht entworfenen Kapitulation Seiner
Majestät dem König entgegen, der von Vendresse sich wieder nach dem
Punkt begeben hatte, von dem aus er gestern die Schlacht geleitet.
Dann erschien auch der Kaiser, ließ sich auf einem Stuhle vor dem
Hause nieder, eine Zigarette nach der andern rauchend. Ich sah ihn
zum ersten Male; er erschien mir klein, etwas korpulent, erdfahl, das
Kinn auf der Brust ruhend. Dabei sah er äußerlich ruhig, fast gleich¬
gültig aus, nur daun und wann zeigte ein leises Aufatmen die innere
Bewegung. Eine stattliche Eskadron des Leib-Kürassier-Regiments,
welche die Bewachung übernahm, erregte die Aufmerksamkeit der
französischen Generale; sonst zogen nur Trains mährend der ganzen
Zeit ans der Landstraße vorüber.
Für die etwaige Zusammenkunft mit dem König hatte Graf Bis¬
marck seine Wohnung in Donchery angeboten. Der Kaiier wollte je¬
doch nicht gern in den Ort hinein; Geueralstabsoffiziere wurden daher
ausgesandt, einen geeigneten Punkt ausfindig zu machen. Eine Viertel¬
stunde von uns, unweit des Dorfes Frenois und der Maas, blickte
aus den Gebüschen ein kleines Schlößchen hervor; dies erwies sich als
geeignet, und dorthin setzte sich der Zug in Bewegung. Wir fuhren
voran, dann folgten zwei Züge Leib-Kürassiere, hierauf der Kaiser in
seinem Wagen nebst seinem Gefolge, letzteres teils fahrend, teils reitend;
den Schluß bildete der Rest der Kürassiere. Aus den an der Straße
liegenden Biwaks stürzte natürlich alles an den Weg.
Das Schlößchen war von einem gut gehaltenen Park umgeben