Full text: Heimatkunde der Provinz Sachsen (Sachsen)

84 Heimatkunde der Provinz Sachsen. 
nach das Tischgebet gesprochen wird. An den langen Winterabenden versammeln sich 
die Hausbewohner um die Öllampe. Die Krauen und Mädchen spinnen. Sie Männer 
sitzen um den großen Kachelofen und erzählen allerhand Spukgeschichten,- denn der 
Aberglaube ist noch sehr verbreitet. 
Frau Harke. 
1. Das Riesenspielzeug. Zm Jerichower Lande haust der Sage nach Krau 
Harke. Sie war eine Riesin und so groß, daß sie vom Harkenberge, in dem sie wohnte, 
gleich auf die Rehberger Berge treten konnte. Zn einer höhle des Harkenberges hatte 
sie ihr wild: Hirsche, Rehe, Hasen, wilde Schweine. Ms Riesenfräulein ging sie einst 
von dem Berge in die Ebene. Da sah sie einen Bauer, der mit seinen Gchsen den flcker 
pflügte. Sie breitete ihre Schürze aus und trug das Spielzeug in die Burg. Dort 
schalt sie der Vater aus, da der Bauer kein Spielzeug sei. Sie mußte es wieder dahin 
tragen, wo sie es gefunden hatte. 
2. Entstehung der Rhinomer Berge. Krau Harke war Heidin. Sie wollte 
es deshalb nicht haben, daß der havelberger Dom gebaut wurde. Mit einer Schürze 
voll Sand wollte sie das Bauwerk verschütten. Aber das Schürzenband zerriß. Der 
Sand flog über die Havel, und es entstanden die Rhinomer Berge. Da suchte sie das 
Gotteshaus mit einem großen Steine zu zertrümmern. Aber der Stein entglitt ihrer 
Hand, heute noch liegt er mit den 'gewaltigen Zingereindrücken auf den Rhinomer 
Bergen. 
3. Krau Harfe in den zwölf Rächten. In den zwölf Rächten zwischen 
Weihnachten und dem 6. Januar fliegt Krau Harke wie Krau Holle segenspendend durch 
das Land. Da schaut sie, ob das Vieh regelmäßig sein Kutter bekommt. Die Mägde 
müssen in dieser Zeit den Klachs abspinnen, sonst zerkratzt ihnen Krau Harke das 
Gesicht. Man darf in den zwölf Rächten keine Hülsenfrüchte essen, sonst schickt sie 
allerhand Ausschlag. Am Silvesterabend aber muß man Kische mit recht viel Rogen 
essen. Dann sorgt Krau Harke das ganze Jahr für Geld. 
2. Volksdichte. Oa die Erwerbsverhältnisse der Landschaft ungünstig 
sind, ist sie nur schwach besiedelt. Km dichtesten ist die Besiedlung in den 
Klußauen. 
3. Siedelungen. Lei Mühlberg an der Elbe schlug Kaiser Karl V. den Kur¬ 
fürsten von Sachsen, verfolgte ihn und nahm ihn in der Lochauer Heide gefangen. 
Torgau (13) liegt in der fruchtbaren Elbaue. Die Bewohner treiben daher Ackerbau 
und Schiffahrt, hier schlug Friedrich der Große im Siebenjährigen Kriege die 
Österreicher. 
Bei Wartenburg ging der preußische GeneralIjork 1813 über die Elbe und besiegte 
die Kranzosen. Wittenberg (22y2) = weißer Berg (nach den angeschwemmten weißen 
Sandhügeln von den Klämingern so genannt) hat eine fruchtbare Umgebung mit Ge¬ 
treide-, Kartoffel- und Gemüsebau, daher Branntweinbrennereien und Bierbrauereien, 
außerdem Tuchfabriken, hier hat Luther in trautem Kamillen- und Freundeskreise 
gelebt. Er wohnte im alten Augustinerkloster, hier schlug er die 95 Glaubenssätze an 
die Schloßkirche. Sie sind an der Tür der Schloßkirche in Erz eingegraben. Den Markt- 
platz zieren die Denkmäler Luthers und Melanchthons. In der Schloßkirche liegen die 
beiden großen Männer begraben. In der Südostecke der Landschaft liegt das berühmte 
Eisenhüttenwerk Lauchhammer. Dort ist das Lutherdenkmal von Worms in 
Bronze gegossen worden. An der Schwarzen Elster liegen die kleinen Landstädte E l st e r - 
werda, Liebenwerda, Herzberg, Schweinitz und Jessen. Die Bewohner 
treiben meist Ackerbau. 
In fruchtbarer Riederung nördlich von der Elbe liegt die anhaltische Stadt Z e r b st. 
Diele Häuser haben mittelalterliche Bauart. Ihre hohen, steinernen Giebel sind nach der 
Straße gerichtet. In einem großen, schönen park liegt das herzogliche Schloß. Zerbst
	        
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