120
Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
reich" führte, als Herzog von Berg in seine neue Residenzstadt ein. Km alten
Berger Tor überreichten ihm „die Altesten" die Schlüssel der Stadt. Zung-
frauen kredenzten ihm einen Ehrenwein, und unter dem Geläute der Glocken
zog ihm die Geistlichkeit in voller Prozession entgegen. An der Treppe des
Regierungsgebäudes, in dem er Wohnung nahm, beglückwünschten die Ab-
gesandten des Adels und der Städte den neuen Monarchen. Dieser hielt eine
Ansprache an das Volk und verhieß ihm das Glück des Landes. In das Treiben
der Erwachsenen mischte sich der fröhliche Lärm der Zugend, die einen schul-
freien Tag hatte. Unter den Knaben befand sich auch Heinrich Heine, der
spätere Dichter. Er hatte etwas von den Worten des neuen Herzogs auf-
geschnappt, lief nach Hause und rief: „Nlutter, man will uns glücklich machen,
deshalb ist heute keine Schule!" Nach dem Zest ging alles seinen alten Gang,
hätte das Volk nicht immer die französischen Namen und Titel der Verwaltung?-
bezirke und Beamten gehört, es würde von der neuen Herrschaft wenig gemerkt
haben- denn Murat, den der Kaiser bald zum Großherzog erhob, hielt sich nur
zweimal kurze Zeit in Düsseldorf und Benrath auf- meist war er als General der
„Großen Armee" auf den Zeldzügen des Kaisers von seinem Lande weit entfernt.
Oas wurde anders, als Napoleon 1808 seinem Schwager das Königreich
Neapel schenkte und das Großherzogtum Berg in eigene Verwaltung nahm.
Ein kaiserlicher Statthalter kam nach Düsseldorf. Seitdem folgten sich die
Neuerungen in raschen Schritten, nützliche und schädliche, wie es eben den
selbstsüchtigen Plänen des Kaifers dienlich war. Durch die Kufhebung der
Leibeigenschaft wurde der berg.ische Bauer ein freier Mann,- alle Zrondienste,
alle Hand- und Spanndienste wurden abgeschafft. Ulan errichtete Arbeits-
Häuser für Arme, ließ Pflegestätten für Altersschwache und Rinder, für kranke
und Wahnsinnige erstehen. Ein neues Gesetzbuch mit zweckmäßigeren Ein-
richtungen trat an die Stelle des veralteten Rechts,- Düsseldorf wurde der Sitz
des höchsten Gerichtshofes. Auch sonst hat die Stadt dem Kaiser manches zu
danken. Ist auch der Plan, eine Universität dort zu gründen, nicht zur Aus-
führung gekommen, so hat sie doch in dem kaiserlichen Lyzeum eine Stätte
höherer Bildung erhalten, aus der das heutige Königliche Hohenzollern-Grjm-
nasium sich entwickelt hat. Wo ehedem die geschleiften Kestungsmauern und
Wälle gestanden hatten, sind unter der napoleonischen Regierung durch die Kunst
des Gartendirektors Weihe die großartigen Anlagen des Hofgartens entstanden,
die Düsseldorf den Namen der rheinischen Gartenstadt eingetragen haben.
Drückend aber empfanden Stadt und Land die Aushebung ihrer Söhne
zu der Armee des Kaisers- denn wenige kehrten zurück von denen, die mit
hinauszogen. Am schwersten jedoch lag die Hand des Gewaltigen hemmend
auf dem regen bergischen Gewerbefleiß. Um den Wohlstand Englands zu ver-
nichten, hatte Napoleon in allen seinen Ländern den Handel mit englischen
Waren untersagt. Sein Gebot, sie zu verbrennen, wo man sie finde, war auch
in Düsseldorf und im ganzen Großherzogtum mit Strenge durchgeführt worden.
Alle Bittgesuche blieben ohne Erfolg.