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Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
Es sind nicht kasernenartige Lauten, sondern meist allein liegende Häuschen,
die inmitten wohlgepflegter Gärtchen stehen. In großen Verkaufsanstalten
können die Arbeiter und Beamten gute Nahrungsmittel und andere Bedarfs-
gegenstände zu billigen preisen erhalten. Eine eigene Bäckerei liefert Brot und
Brötchen, und zwei eigene Schlächtereien versorgen die Arbeiter mit vorzüg-
lichem Kleisch und Wurstwaren. In einem eigenen Krartferchause finden die
Kranken liebevolle Pflege. Kür alte, arbeitsunfähige Leute schuf Krupp die
reizende Kolonie Altenhof. In den diese umgebenden herrlichen Parkanlagen
können sie so recht der wohlverdienten Ruhe pflegen.
6. )n einem Kohlenbergwerk. Noch umhüllt der Schleier der Nacht die
schlummernde Erde, vom nahen Turme her ertönen zwei dumpfe Glocken-
schlüge und verkünden die zweite Morgenstunde. Oa leuchtet hier und da in
den kleinen Bergmannshäuschen ein Lichtlein auf. Schon ist die fleißige Haus-
frau munter und bereitet ihrem Manne das ITCorgenbrot; denn er hat Krüh-
schicht. Schnell verzehrt der Bergmann sein Butterbrot, dann wirft er seinen
Grubenkittel über, hängt die Grubenlampe um, und nach kurzem Abschied
wandert er hinaus in die finstere Nacht. Wir begleiten ihn zu seiner Arbeits-
stätte, der Grube oder Zeche. Ein geräumiger Hof nimmt uns auf. hier sind
mächtige Haufen von Kohlen, die mit der Bahn fortgeschafft werden, aufgetürmt.
Balken und Baumstämme, die zum Stützen der unterirdischen Gänge dienen,
lagern daneben. Wir treten in das Schachtgebäude, das vom Schnauben der
gewaltigen Dampfmaschine erdröhnt. Jetzt stehen wir am Nande des Schachtes,
der hinunter in die grausige Tiefe führt. Ein großes, eisernes Gestell, „der
Körderkorb", steigt gerade aus dem dunklen Abgrund empor. Blitzschnell ist er
durch ein Drahtseil gehoben worden. Eiligst werden die mit Kohlen gefüllten
Wagen, „Hunte", die er nach oben gebracht hat, herausgeschafft. Nun ist er
leer, und wir steigen ein. Oer Eingang schließt sich hinter uns, und wir be-
finden uns in einem engen, bis auf halbe höhe von Eisenwänden umgebenen
Raum. Die elektrische Schelle ertönt, und wir sausen mit unheimlicher Ge-
schwindigkeit hinab in die Unterwelt. Ein dunkles Etwas schwebt an uns
vorüber, es ist der zweite Körderkorb, den die Last des ersten mit heben hilft.
Langsamer bewegt sich der Körderkorb, ein Glockenzeichen verkündet, daß wir
auf dem Grunde des Schachtes, in der größten Tiefe des Bergwerkes angelangt
sind. Elektrische Lampen erhellen das ewige Ounkel. Eine weite höhle schließt
sich an die Schachtöffnung. Ein breiter Gang, „Stollen" genannt, mündet hier.
Reihen von Hunten stehen auf den Schienengeleisen und werden in die einzelnen
Abteilungen des Körderkorbes gestellt. Wir gehen dem Stollen nach. Ein
doppeltes Schienengeleise, auf dem die gefüllten und leeren Wagenzüge laufen,
führt über ihn. Pferde sind vor diese Wagen gespannt,- die armen Tiere
erregen in hohem Maße unser Mitleid. Wohl haben sie keinen Kuttermangel,
und ihre Arbeit ist keine zu harte, doch müssen sie ein freudloses Dasein in der
finstern Tiefe fristen; niemals erblicken sie das Sonnenlicht wieder. Wie leblos
stehen sie da, uns mit ihren glasigen Augen anstarrend. Seitenstollen steigen