58 II. Teil. Physische Geographie. IV. Abschn. Das Land.
Die Gletscher füllen, wie die Ferner, die Hochthäler der Hoch-
gebirge aus, und weil diese doch immer im Ganzen schief geneigt liegen,
so rücken die Gletscher, den Flüssen ähnlich, unaufhaltsam abwärts fort.
Die Bewegung des Gletschereises ist aber ebenso wenig wie die des Fluß-
Wassers an allen Stellen gleichmäßig, sondern an den tiefen Stellen ge-
schwinder als an den seichten, an der Oberfläche rascher als am Grunde.
Es ist dies möglich, da das Gletschereis nicht spröde, sondern zähe und
breiartig flüssig ist.
Wenn ein Gletscher auf seinem Wege in die Tiefe an einen steilen
Abhang kommt, so genügt jedoch die Elastizität des Eises an dessen Ober-"
fläche nicht mehr, um in einer ungetrennten Masse den Abhang hinunter
zu kommen, sondern es bilden sich dann im Gletscher Querspalten, die
sich, wenn der Eisstrom unten angekommen ist, natürlich nicht mehr ge-
nau schließen, so daß die Oberfläche des Gletschers oberhalb des Ab-
sturzes eben, flach und ohne Spalten ist, während der Gletscher unter-
halb desselben einem im heftigsten Wogen plötzlich erstarrten Meere nicht
unähnlich sieht und voll Schründe und Spalten ist. An den beiden Seiten
und am untern Ende des Gletschers finden sich 3 —40 m hohe Stein- und
Schuttwälle, Moränen, welche aus den Felstrümmern bestehen, die sich
durch die Einflüsse der Witterung von den Bergen losgelöst haben und
auf den Gletscher herabgefallen sind. Die zu beiden Seiten längs der
Ufer liegenden Schuttwälle heißen Seitenmoränen; da.wo zwei Gletscher
zusammenfließen, vereinigen sich die einander nahe liegenden Seitenmorä-
Abwärtsbewegung
des Gletschers ge-
langen auch im-
mer neue Schutt-
massenderSeiten-
u. Mittelmoränen
an das untere
Ende des Glet-
schers, (dorthin,
wo das Eis in
Folge der Wärme
vollständig
schmilzt) und es
bildet sich mit der
Zeit hier eine An-
sammlung von
Schutt quer vor
dem Gletscher-
ende, die Stirn-
nen zu einer Mittelmoräne. (Fig. 28.) In Folge der
Fig. 28. Gletscher mit Moränen und Gletscherthor.