Object: Dichtung der Neuzeit (Teil 2)

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Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. 
Wallt er verschleiernd, 
Leis rauschend 
Zur Tiefe nieder. 
Ragen Klippen 
Dem Sturz entgegen, 
Schäumt er unmutig 
Stufenweise 
Zum Abgrund. 
Im flachen Bette 
Schleicht er das Wiesental hin, 
Und in dem glatten See 
Weiden ihr Antlitz 
Alle Gestirne. 
Wind ist der Welle 
Lieblicher Buhler; 
Wind mischt vom Grund aus 
Schäumende Wogen. 
Seele des Menschen, 
Wie gleichst du dem Wasser! 
Schicksal des Menschen, 
Wie gleichst du dem Wind! 
2. Mahomrts Gesang. 
Seht den Felsenquell, 
Freudehell, 
Wie ein Sternenblick! 
Über Wolken 
Nährten seine Jugend 
Gute Geister 
Zwischen Klippen im Gebüsch. 
Jünglingfrisch 
Tanzt er aus der Wolke 
Auf die Marmorselsen nieder, 
Jauchzet wieder 
Nach dem Himmel. 
Durch die Gipfelgänge 
Jagt er bunten Kieseln nach. 
Und mit frühem Führertritt 
Reißt er seine Bruderquellen 
Mit sich fort. 
Drunten werden in dem Tal 
Unter seinem Fußtritt Blumen, 
Und die Wiese 
Lebt von seinem Hauch. 
Doch ihn hält kein Schattental, 
Keine Blumen, 
Die ihm seine Knie umschlingen, 
Ihm mit Liebesaugen schmeicheln; 
Nach der Ebne dringt sein Laus 
Schlangenwandelnd. 
Bäche schmiegen 
Sich gesellig an. Nun tritt er 
In die Ebne silberprangend, 
Und die Ebne prangt mit ihm, 
Und die Flüsse von der Ebne 
Und die Bäche von den Bergen 
Jauchzen ihm und rufen: Bruder! 
Bruder, nimm die Brüder mit. 
Mit zu deinem alten Vater, 
Zu dem ew'gen Ozean, 
Der mit ausgespannten Armen 
Unser wartet. 
Die sich, ach! vergebens öffnen. 
Seine Sehnenden zu fassen; 
Denn uns frißt in öder Wüste 
Gieriger Sand; die Sonne droben 
Saugt an unserm Blut; ein Hügel 
Hemmet uns zum Teiche. Bruder, 
Nimm die Brüder von der Ebne, 
Nimm die Brüder von den Bergen 
Mit, zu deinem Vater mit! — 
„Kommt ihr alle!" — 
Und nun schwillt er 
Herrlicher; ein ganz Geschlechte 
Trägt den Fürsten hoch empor. 
Und in rollendem Triumphe 
Gibt er Ländern Namen, Städte 
Werden unter seinem Fuß.
	        
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