Full text: [Band 7 = dritte Klasse, achtes Schuljahr, [Schülerband]] (Band 7 = dritte Klasse, achtes Schuljahr, [Schülerband])

214 r^t^c^i^^i^^CT^c^csacsacsacsacsacsoc^c^csacsacsa 
unerschüttert. Bis zum Tage vor ihrem Tode arbeitete sie. „Ich kann 
nicht schlafen,“ erwiderte sie den Ärzten, welche auf Kühe drangen, 
„ich fühle, daß ich bald vor Gottes Richterstuhl erscheinen werde.“ 
Dreiundsechzig Jahre alt verschied die Kaiserin. „Sie ehrte den 
Thron und ihr Geschlecht,“ sprach Friedrich der Große. 
136. Von August Friedrich Christian Vilmar. 
fruchtbarste unter allen Erzählern des 16. Jahrhunderts, der 
^ volksmäßigste, launigste und lebendigste ist der Nürnberger 
Schuster und Meistersänger Hans Sachs. Er entfaltete seine Eigen¬ 
tümlichkeit am vollständigsten und vorteilhaftesten in der Erzählung, 
der ernsthaften und scherzhaften, von denen er jene unter dem Titel 
„Histori und Geschieht", diese als „Fabeln und gute Schwenk" in 
seinen Werken aufführt. Als Dichter, das Wort im höchsten Sinne 
gefaßt, als schöpferisches, die poetische Welt gestaltendes oder um¬ 
gestaltendes, die Zeit beherrschendes Genie kann Hans Sachs aller¬ 
dings nicht gelten; wohl aber ist er ein ungemein glücklich begabtes 
Talent, in der Auffassung des Gegebenen schnell und sicher, in der 
Darstellung leicht und ungezwungen, dem Stoffe in der Behandlung 
fast immer entschieden überlegen, milde und gemäßigt, dabei von 
heiterer Laune und höchst ergötzlichem Humor. Am hervorstechendsten 
zeigen sich diese guten Eigenschaften in seinen weltlichen Erzählungen 
und sodann in seinen Dramen, welche nachher besonders erwähnt werden 
müssen; weit weniger in seinen geistlichen Dichtungen, z. B. den in Er¬ 
zählungsform umgereimten Psalmen und sonstigen biblischen Stücken, 
denen man das allzeit fertige Reimen, die oft handwerksmäßige und 
mit dem Stoffe es wenig genau nehmende Fertigkeit allzusehr ansieht; 
noch weniger in seinen Meistergesängen, in denen er sich von den 
übrigen Meistersängern nicht besonders unterscheidet. Auch zeigt sich 
in seinen Versen, daß die hergebrachte alte Form der kurzen Reim¬ 
paare durch ihn nicht wieder geadelt werden konnte, wenn dies über¬ 
haupt in der neuen Sprache möglich war; der Verfall der dichterischen 
Technik tritt bei Hans Sachs bisweilen so auffallend hervor, daß 
man recht wohl begreift, es konnte eine gänzliche Umgestaltung der 
deutscheil Verskunst, wie sie nachher durch Opitz eingeführt wurde, 
unmöglich ausbleiben. Demungeachtet bleibt seinen Erzählungen ihr 
Verdienst ungeschmälert; alle künstlichen Produkte des folgenden 17. 
und die ganze bezopfte Schar der Dichterlinge im Anfang des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.