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Opfer geschreckt war. Aber Decimus Brutus, einer der Ver¬
schworenen, der zu seinen Vertrauten gehörte, wußte ihn zu über¬
reden, daß er nicht einen solchen Schein des Übermutes auf sich
lade. Darauf ließ er sich in einer Sänfte hintragen, willens
nichts Wichtiges vorzunehmen. Noch vor seiner Ankunft trat
jemand zu dem Verschworenen Casca, ergriff seine Rechte und
sprach: „Du hast zwar das Geheimnis vor uns verschwiegen;
aber Brutus hat mir alles entdeckt." Casca war betroffen; doch
jener fuhr lachend fort: „Woher bist du denn auf einmal so reich
geworden, daß du nach der Wurde eines Ädilen strebst?" So
nahe war Casca daran, durch eine Zweideutigkeit getäuscht, das
Geheimnis zu verraten. Den Brutus selbst aber und Cassius be¬
grüßte ein Senator, Popilius Länas, viel freundlicher als sonst
und sagte ihnen leise ins Ohr: „Ich wünsche von Herzen, daß
ihr glücklich vollenden möget, was ihr im Sinne habet. Nur
rate ich euch nicht zu zögern; denn die Sache ist kein Geheim¬
nis mehr."
5. Endlich erschien Cäsar. Noch auf dem Wege war ihm eine
Schrift übergeben worden, in der das Vorhaben der Verschworenen
enthüllt war; er steckte sie ungelesen zu sich. Ein Wahrsager
begegnete ihm, der ihn jüngst vor den Iden*) des März gewarnt
hatte. Cäsar rief ihm zu: „Die Iden des Mürz sind da!" „Aber
noch nicht vorüber!" antwortete ihm jener. Wie Cäsar aus der
Sänfte trat, näherte sich ihm Popilius Länas und sprach geraume
Zeit mit ihm, wobei Cäsar aufmerksam zuhörte. Die Verschworenen
dachten nicht anders, als Popilius entdecke den Plan, und ließen
schon den Mut sinken. Aber Brutus, der bemerkte, daß Popilius
dringend um etwas bat, blieb ruhig und hob dadurch wieder ihr
Vertrauen. Endlich küßte jener Cäsars Hand und ging weg.
6. Nachdem der Senat in den Versammlungssaal getreten
war, stellten sich die Verschworenen um Cäsars Sessel herum, als
wollten sie ihm etwas vortragen. Trebonius zog Antonius, den
Mitkonsnl und Vertrauten Cäsars, an der Tür beiseite und hielt
ihn durch ein Gespräch zurück. Tullius Cimber trat vor, um von
Cäsar für seinen verbannten Bruder Gnade zu erbitten; die anderen
unterstützten seine Bitte, ergriffen Cäsars Hände und küßten ihm
Brust und Haupt. Anfänglich wies er die Bitten zurück; als sie
aber nicht nachließen, stand er erregt gegen sie auf. Da riß ihm
Tullius mit beiden Händen den Mantel von der Schulter, und
Casca, der gerade hinter ihm stand, versetzte ihm mit dem Dolch
st die Iden: die Monatsmitte, im März, Mai, Juli, Oktober der 15.,
bei den übrigen Monaten der 13. Tag.
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