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5as Verlorene zu entschädigen, suchte er den Dänen Norwegen zu entreißen,
fand aber auf dem zweiten Feldzuge bei der Belagerung von Friedrichs-
hall 1718 durch einen Schuß seinen Tod. — Der Krieg wurde nun durch die
Friedensschlüsse von Stockholm und Nystädt beendigt. In Stockholm schloß
Schweden mit Dänemark, Preußen und Hannover Frieden und büßte'darin alle
seine Länder in Deutschland bis auf einen Teil von Pommern ein. Im Fri ed en
zuNystädt (1721) mit Rußland trat Schweden Livland, Esthland und Inger-
manland ab.
Seit diesem Kriege verlor Schweden den Vorrang im Norden. Unter
Karls Schwester Ulrike Eleonore wurde die königliche Macht durch den Adel ein-
geschränkt. Auch nach der Erhebung des Hauses Holstein-Gottorp auf den Thron
(1751—1818) bestand die Adelsherrschaft fort.
Wie Schweden seit dem nordischen Kriege seine vorige Bedeutung einbüßte, so
wurde nun Rutzland die erste Macht im Norden. P eter der Große (der 1716—1717
eine zweite Reise ins Ausland, nach Holland und Frankreich, gemacht hatte) nahm 1721
(neben dem altrussischen Titel Zar) den europäischen Namen K aiser an und war bis zu
seinem Tode rastlos bemüht, Rußlands Größe zu fördern (sein den Reformen wider-
strebender Sohn Alexei starb im Kerker 1718). Seine nächsten Nachfolger waren
Katharina I., Peter II. und Anna, welche durch Günstlinge regierten. Dann erst folgte
Elisabeth, Peters des Großen Tochter, die letzte aus dem Haufe Romanow (1741—1762).
§ 53.
König Friedrich Wilhelm I. 1713—1740.
1. Aus den ersten preußischen König Friedrich I. folgte 1713 sein Sohn
Friedrich Wilhelm I. 1713—1740. Er setzte die größte Sparsamkeit und
Einfachheit (das Tabakskollegium) an die Stelle der Pracht, die an seines
Vaters Hofe geherrscht hatte. Die französische Feinheit und Leichtfertigkeit,
welche in Deutschland überhand nahm, haßte sein derber, schlichter Sinn;
wissenschaftlicher Bildung war er nicht geneigt; desto strenger hielt er auf
Ordnung und Zucht; desto gewissenhafter verwaltete er die Staatseinkünfte;
desto thätiger sorgte er für den Anbau des Landes, namentlich auch durch
Aufnahme der vertriebenen 20 000 protestantischen Salzburger in seinen
Staat. Insbesondere nahm sich der König auch des gedrückten Bauernstandes
an. Er gab strenge Gesetze gegen rohe Mißhandlung der Bauern. Die-
jenigen Bauern, welche zu den Domänen (Staatsgütern) gehörten, wurden
bereits von der Leibeigenschaft befreit. Um dem „höchst deplorablen Zu-
stände des Landvolkes in Ansehung alles Wissens und Thuns" abzuhelfen,
führte der König den Schulzwang ein. Damit so den unteren Ständen auf-
geholfen werden konnte, mußte der König andererseits auch die höheren
Stände, den Adel, ebenfalls zu den Staatslasten heranziehen. Daher wurde
nun der Adel, der bisher von den regelmäßigen Steuern befreit gewesen