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II. Osteuropa.
Umriß, eine horizontale Gliederung, wie sie durch das Mittelländische Meer
mit seinen Seitenmeeren und Buchten den südeuropäischen Gebieten, durch
Nord- und Ostsee mit ihren einzelnen Sonderteilen den west- und nord-
europäischen Ländern zuteil geworden ist. Nur das flache Asowsche
Meer im S., das lange Monate hindurch zugefrorene Weiße Meer im
N. und der Finnische und Nigaer Meerbusen im W. greifen etwas
ins Land ein; nur die Halbinsel Krim im S. und Kola im N. reichen
ins Meer hinaus.
Klima. Die Witterung ist in Osteuropa festländisch, weil der Landraum
dem Meer fernliegt. Er ist so groß, daß er sich im Sommer durch
Summierung der einstrahlenden Wärme stark erhitzen, im Winter um-
gekehrt stark abkühlen kann. Überall sind also die Sommer heiß, die
Winter rauh, natürlich mit Unterschieden zwischen dem N. und S., weil
die Tageslänge im Winter dort viel geringer ist als hier. Die größten
Hitzegrade erreicht die Niederung am Kaspischen Meer; aber auch Ungarn
ist heiß. Die Niederschläge im meerfernen Osteuropa sind nirgends groß,
am geringsten wiederum in der Kaspischen Niederung, auch in Ungarn.
Die ergiebigsten Regen fallen überall im Frühjahr oder Sommer, also in
Pflanzen, der Zeit, wo die Pflanzenwelt des Wassers bedarf. Wald und Wiese,
in den südeuropäischen Ländern wenig verbreitet oder unbekannt, kann
also an den Gebirgen und auch im mittleren Rußland gedeihen; in Ungarn
und Südrußland werden sie freilich durch die Steppe ersetzt.
Menschen. Die Völker Osteuropas sind vorwiegend Slawen, daneben auch
Völker. Finnen und Romanen, abgesehen von den ins Land gezogenen Kolonisten
aus Mittel- und Westeuropa, unter denen in Siebenbürgen, NW.- und
S.-Rußland die Deutschen keine geringe Rolle spielen. In Osteuropa
Volks- tritt die See-Schiffahrt, die in Süd-, West- und im nördlichen Mittel-
Wirtschaft, eur0pa eine hohe Bedeutung hat, ganz zurück; denn die Meeresgrenzen
Ungarns sind ganz verschwindend klein, die Rumäniens nicht groß, die
Rußlands ungünstig, weil sich das Land nur im N. einem offenen Weltmeer
zuwendet. Die in Südeuropa meist wenig bedeutende Binnenschiffahrt
ist dafür in Osteuropa sehr lebhaft; denn in den weiten Ebenen können
sich die größten Stromsysteme entwickeln und sind durch Kanäle in
Zusammenhang gebracht, in Rußland wie in Galizien. Die großen
Siedelungen Osteuropas liegen fast sämtlich an schiffbaren Strömen. Die
Haupterwerbsquelle bildet in Osteuropa die Landwirtschaft, streckenweis
auch die Forstwirtschaft; deshalb ist die Siedelung in weit größerem
Maße als etwa in Italien oder auf der Iberischen Halbinsel bäuerlich-
dörflich. Während Südeuropa den Großgewerbe treibenden Ländern Mittel-