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mußte der entscheidende Schlag fallen. Die zahlreich im braunschweiger
Schlosse weilenden Mitglieder der fürstlichen Familie bangten für den
Ausgang jenes Kampfes. Still, ohne Ahnung des furchtbar entscheidenden
Augenblicks, ging der 14. Oktober vorüber. Aber schon der 16. brachte
Nachrichten, die zu entsetzlich waren, um sogleich Glauben finden zu
können. Die ganze preußische Armee, so hieß es, sei geschlagen, der
Herzog zum Tode verwundet. Flüchtlinge und Versprengte waren die
Überbringer dieser schrecklichen Nachrichten. Doch man hielt diese Un¬
glücksboten für Ausreißer, die Erzählungen für übertrieben und sah
mit den gespanntesten Erwartungen dem folgenden Tage entgegen, der
entweder Bestätigung oder Widerlegung bringen mußte. Doch am 17.
erlangte man nur die schreckenvolle, furchtbare Gewißheit. Nicht Eil¬
boten allein brachten die Bestätigung, sondern auch immer gedrängtere
Massen preußischer Soldaten, zum Teil ohne Waffen, ohne Gepäck,
ohne Ordnung, strömten durch die Thore von Braunschweig. Unter
ihnen befanden sich Prinzen und Generale, die, von ihren Regimentern
getrennt, sich vergeblich bemühten, wieder einige Ordnung in die wirren
Haufen zu bringen.
Die Prinzen Paul von Würtemberg und Heinrich von Preußen
brachten zuerst einige bestimmte Nachrichten über das Unglück bei
Auerstädt mit; die übrigen schrien nur: „Es ist alles verloren, die
Franzosen folgen uns auf dem Fuße!"
Was sich aus den verschiedenen Berichten zusammenstellen ließ,
war folgendes. Am Morgen des 14. Oktober ruhte ein dicker Nebel
auf den Niederungen und Vorbergen des Thüringer Landes. Unglück¬
licherweise hatten die preußischen Heerführer die steilen Höhen, welche
das Mühlthal bei Jena beherrschen, wie auch den Paß von Kösen,
welcher freilich als unzugänglich galt, unbesetzt gelaffen. Napoleon
aber ließ in der Nacht durch Pioniere diese Gebirgspässe notdürftig
gangbar machen und benutzte die Nebel am andern Morgen, um
seine Streitmaffen von den Höhen herabzuführen und unbemerkt zu
entfalten.
In dieser Bedrängnis jagte der Herzog morgens um 9 Uhr im
Galopp vor, um mit Todesverachtung aus möglichster Nähe durch den
dichten Nebel die Stellung des Feindes zu erkunden. Eben gab er den
Grenadieren den Befehl zum Angriff, als ihn von der Seite eine
Kleingewehrkugel traf. Der Herzog stürzte bei dem fürchterlichen Schuffe