10 1- Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Süddeutschlands.
Städte, welche dieselben angiebt, sind sämtlich in den Thälern und an den
Usern der Seen gelegen.
Wie mag wohl ein solches A l p e n d o r f aussehen? Viele
zerstreut liegende Einzelhöfe, die im Thale oder am Hange liegen und sich
oft weit hinauf ziehen. Jeder Einzelhof besteht nur aus einem Haus. Das
Alpenhaus ist unten aus Stein, im oberen Stockwerk ans Holz gebaut.
Das Dach ist slachgiebelig, weit vorspringend, mit Spindeln bedeckt, durch
schwere Steine vor Sturmgewalt gesichert. Oben ist ein hölzerner Altan, der
um das ganze Gebäude herumläuft. Dieser bleut zum Aufenthalt (Vergl.
Ballone unserer Häuser!), zum Trocknen von Früchten und Wäsche u. s. w.
Wie ist das A l p e n h a u s i m Innern eingerichtet? In
der vorderen Hälfte des Hauses ist die Wohnung; die hintere Hülste
enthält die Viehställe, oben die Scheune, zu welcher eine flache Brücke
emporführt.
Warum haben die Bewohner die Höhen des Gebirges
gemieden? Die Thäler der Alpen sind ebenso, wie die Thäler unseres
Heimatlandes mit fruchtbarem Schwemmland bedeckt, der einen lohnenden
Anbau gestattet. Hier reifen im Glänze der Sonnenstrahlen die goldenen
Ähren des Sommerweizens und Sonnnerroggens; da entfaltet der Flachs
seine himmelblauen Blüten, und in den Gärten rankt sich neben den Blumen-
und Gemüsebeeten die Bohne empor. Hier in den Thälern und an den
Thalhängen sind die Wohnungen geschützt vor den rauhen Stürmen. Aber
nicht weit hinauf in die Berge reichen die wogenden Getreidefelder und die
schönen Obst- und Gemüsegärten; bald bedeckt der Wald die steilen Berg-
hänge, die für Pflug und Zugtier unzugänglich sind. Anfangs bilden
prächtige Buchen und kräftige Ahornbäume ausgedehnte Waldbestände; bald
jedoch treten Fichten und Tannen an ihre Stellen. Bis zn einer Höhe von
1500 m steigt der düstere Nadelwald empor. Dann beginnt er sich zu
lichten, und bald erheben nur noch einzelne Fichten ihr Haupt empor; doch
den meisten derselben hat der Sturmwind, der die Höhen umtost, die Wipfel
geknickt und das obere Astwerk gebrochen. Nur noch niedriges Buschwerk
bedeckt den Boden, und Zwergkieferu, Weiden nnd Bergerlen klammern sich
mir zähen Wurzeln ans Felsgestein und entziehen dem steinichten Grunde
mühsam die kärgliche Nahrung. Weiter oben hört auch das Buschwerk auf;
duftiges Gras bekleidet den Boden. Aus den niedrigen schmalen Halmen
der grünen Matten sprossen der saftige Bergklee und der blaue Enzian her-
vor; am sonnigen Hange aber gedeiht das samtene Edelweiß, und die Alpen-
rose streckt ihre zartroten Blütenzweige empor. Mit der zunehmenden Höhe
beginnt auch der Graswuchs zu schwinden; ödes, kahles Felsgeröll bedeckt
den Boden; aller Pflanzenwuchs ist erstarrt, und kein Tierleben vermag sich
auf diesen öden Höhen zu entfalten; nur der Adler kreist über die kahlen
Felsen, auf denen er seinen Horst baut, und zuweilen flüchtet sich die flinke
Gemse nach diesen einsamen Höhen. *)
*) Eine derartige Schilderung ist nicht einfach vom Lehrer zu geben, sondern auf
Grund eines Bildes (hier etwa an der Hand des Alpenpanoramas oder des Wetter-
steingebirges) nnd mit Hilfe der früher gewonnenen Vorstellungen zu entwickeln.