Full text: Das Deutsche Reich (Teil 1)

30 1. Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Süddeutschlands. 
winde von dem frnchtreichen Hügellande ab und schützt dasselbe vor ihnen, 
so daß das Klima von jenen nicht ungünstig beeinflußt wird; durch seineu 
Waldreichtum; denn dadurch hält er die Nord- und Nordwestwinde 
fest und zwingt sie, einen Teil ihrer Wassermassen abzugeben. So regelt 
er die Niederschläge in der Kornkammer und verhindert eine zu große Regeu- 
menge. 
Woher rührt wohl das düstere Aussehen des böhmisch- 
bayrischen Waldgebirges? Die bedeutenden Regenmassen, welche 
jährlich über dem Gebirge niedergehen, haben den Pslauzenwuchs zur 
üppigsten Entfaltung gebracht, zumal das Gebirge mit einer nährkrMgen 
Verwitteruugserde bedeckt ist. Diese Wälder haben ihren urfpriönMchen 
Zustund vielfach erhalten, weil das Vordringen der Menschen nach den 
höchsten Teilen des Gebirges erschwert wurde. Es fehlt nämlich im Böhmer- 
walde vielfach an tiefen Thälern, die weit in das Gebirge hinaufführen, 
wie dies im Thüringer Wald der Fall ist. Das Vordringen wurde weiter 
erschwert durch die zahlreichen ausgedehnten Torfmoore, die den Rücken des 
Gebirgszuges bedeckeu. Diese umfangreichen Moore konnten sich infolge des 
großen Wasserreichtums leicht entwickeln. Ihre Entstehung wurde aber auch 
durch den Gesteinsbau des Gebirges befördert; deun der harte Granit nnd 
Gneis, aus deueu das Gebirge sich aufbaut, lassen infolge ihrer Härte kein 
Wasser eiudriugen. 
Was hat die Unwirtlichkeit des Gebirges wohl zur 
Folge gehabt? Die undurchdringlichen Wälder uud ausgedehnten Moore 
erschweren den Zugang in das Gebirge, machen es also unwegsam. —- Das 
Klima des Gebirges ist rauh und unfreundlich, ganz besonders auf dem 
nach Nordosten gerichteten AbHange. Hier blüht die Kartoffel meist erst 
im September, und der Schnee sällt vielfach bereits, ehe das dürftige Ge- 
treibe eingeerntet ist. — Infolge dieses rauheu Klimas ist das Gebirge in 
seinen höheren Teilen auch weuig angebaut. Nur der südwestliche Abhang < 
des Gebirges hat ein milderes Klima und ist deshalb auch besser bebaut. 
— Die Besiedelung des Gebirges ist infolge der Unwegsamkeit und der 
Unwirtlichkeit eine sehr geringe. Auf seinen höchsten Teilen ist das Gebirge 
fast ganz unbewohnt; nur einzelne Forsthäuser und elende Hütten von Holz- 
arbeitern sind hier anzutreffen. Auf den Abhängen und in den Gebirgs- 
senken, die geschützt und anbaufähig sind, sinden sich einzelne kleine Ortschaften. 
— Die ausgedehnten undurchdringlichen Wälder und die ausgedehnten 
Moore, die große Unwegsamkeit des Gebirges setzte dem Verkehr große 
Schwierigkeiten entgegen; der Übergang über dasselbe wurde gehemmt, nnd 
daher hat der Böhmerwald von jeher eine Völker- und Sprachgrenze ge- 
bildet und die deutschen Völker von den slavischen geschieden. 
Womit mögen die wenigen Bewohner des Böhmerwaldes 
sich beschäftigen? Die unermeßlichen Holzschätze des Gebirges werden 
in der mannigfachsten Weise ausgenützt. Die Holzhauer schlagen im Früh- 
ling, Sommer nnd Herbst die riesenhaften Bäume, befreien sie von den 
Zweigen und von der Rinde und holen die gefällten Stämme im Winter 
herab ins Thal, von wo aus sie im Frühling verstößt werden. —- Ein 
großer Teil der Stämme wird an Ort und Stelle verarbeitet. In den
	        
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