Full text: [Bd. 3 B = Oberstufe d. Mädchen, (7. - 9. Schulj.)] (Bd. 3 B = Oberstufe d. Mädchen, (7. - 9. Schulj.))

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bringen, daß das Bakteriengift dadurch unschädlich ge macht 
werden kann. 
Wenn der Kärger eine solche ansteckende Krankheit über¬ 
standen hat, so bleiben die Gegengifte nach der Krankheit noch 
jahrelang im Blute, und der Mensch ist gegen eine weitere 
Ansteckung durch die gleiche Krankheit gesichert. Das nennt 
man Immunität. Daher kommt es, daß jemand gegen Masern 
und, Pochen immun ist, wenn er diese Krankheiten einmal 
überstanden hat. Das brachte den englischen Arzt Jenner vor 
hundert Jahren auf den Gedanken, die Kuhpocken, eine gelinde 
Form der sonst äußerst gefährlichen Schwarzen Pocken, durch 
Impfen auf den Menschen zu übertragen. Der Verlauf der 
Kuhpocken ist bei dem Menschen ganz ungefährlich, aber sie 
erzeugen im Blute des Menschen die Antitoxine genau so, als 
ob er die Schwarzen Pocken selbst gehabt habe. So ist er dann 
für längere Zeit gegen eine abermalige Ansteckung gefeit. Die 
Erfolge der Schutzpockenimpfung sind so erstaunlich, daß es 
unverständlich ist, wie Menschen sich gegen diese Wohltat ab¬ 
lehnend verhalten können. Während wir ein Jahr vor dem 
Erlasse des Impfgesetzes allein in Preußen noch 60000 Todes¬ 
fälle an den Blattern hatten, sind seitdem -— in 30 Jahren — 
im ganzen Deutschen Reiche zusammen nur etwa 1000 Fälle 
zu verzeichnen gewesen. Und diese Erkrankungen waren fast 
alle von auswärts eingeschleppt worden. 
Wir kennen jetzt die Wege, wie sich der Menschenleib 
auf ganz natürliche Weise im Kampf gegen die Bakterien und 
ihre Gifte erhält. Doch ist’s etwas Wunderbares, zu sehen, 
wie er es fertigbringt, sich zu schützen. Ohne diesen Schutz 
wäre die Menschheit längst gestorben, verdorben. Denn jedes 
noch so harmlose Bakterium würde ja im Körper wüsten und 
walten können, wie es ihm beliebt. Jetzt wissen wir gar nicht, 
wie oft der Körper, ohne Aufsehens davon zu machen, Mil¬ 
lionen Keime vernichtet, mit denen wir täglich in Berührung 
kommen. 
Wenn man das alles bedenkt, erscheint es schließlich ver¬ 
wunderlich, warum doch noch so oft Erkrankungen auftreten, 
und warum die Menschheit von Seuchen heimgesucht wird. Das 
liegt eben daran, daß die Zellen ihre Schuldigkeit nicht tun, 
nicht tun können, weil sie keine Waffen haben, nicht wider¬ 
standsfähig sind. Besonders die ärmeren Volksklassen fallen 
den ansteckenden Krankheiten, am meisten zum Opfer. Das 
sind Menschen, deren Körper nicht vollkräftig ist. Das Woh-
	        
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