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Zweiter Teil. Gesarat-Rückblick.
Verständnis betrieben wird, obwohl der Boden wegen seiner mannig¬
faltigen Gliederung von sehr verschiedener Fruchtbarkeit ist. Den
größten Teil des nicht anbaufähigen Landes (etwa 8°/0) bilden die
Moore und Sümpfe, Sand- und Heidegegenden des norddeutschen
Tieflandes.
Fast 3/5 des ganzen Ackerlandes dient dem Anbau von Getreide
und Hülsenfrüchten, von denen diese in solcher Menge gewonnen
werden, daß der Ertrag von keinem europäischen Staate auch nur
annähernd erreicht wird. Unter jenem nimmt der Roggen, der für
Norddeutschland die wichtigste Brotfrucht bildet, die größte Fläche
ein. Nach der Menge geordnet, liefern am meisten: Brandenburg,
Bayern, Posen, Schlesien, Hannover, die Provinz Sachsen, Ost- und
Westpreußen und Rheinland. An zweiter Stelle steht der meist als
Pferdefutter verwandte Hafer, den man namentlich in Bayern,
Schlesien, Ostpreußen, im Rheinland, sowie in den Provinzen Sachsen
und Pommern anbaut. Große Weizengebiete liegen in Bayern,
der Provinz Sachsen und in Schlesien, wo auch der Anbau der
Sommergerste in gewaltigem Umfange betrieben wird. Den meisten
Buchweizen erzeugen die dürren Heide- und die Moorgebiete
(wo?), während der Spelz (Dinkel) namentlich in Baden und Württem¬
berg überwiegt. Die Hirse wird noch sehr wenig angebaut, mehr
schon der Mais. Die Halmfrüchte zusammengenommen beanspruchen
mehr als die Hälfte des Ackerbodens.
Trotzdem Deutschland hinsichtlich seiner Gesamt-Erntemenge von
Getreide nur von Rußland übertroffen wird, deckt es schon seit dem
Jahre 1866 seinen Bedarf nicht mehr, so daß es einer von Jahr zu
Jahr zunehmenden Einfuhr benötigt. (Siehe Anhang!)
Der riesenhaften Einfuhr, die sich im Jahre 1905 auf rund
1000 Millionen M belief, steht nur eine Ausfuhr im Werte von
60 Millionen M gegenüber. Um aber nicht ein ganz falsches Bild
von der Bedeutung unseres Ackerbaues für den Getreidebau ent¬
stehen zu lassen, darf nicht unerwähnt bleiben, daß zwar Rußland
dreimal soviel Getreide erntet als wir, dafür aber auch fast 10 mal
so groß ist, und daß Österreich-Ungarn und Frankreich, von denen
jenes größer, dieses gerade sö groß ist als Deutschland, in der Ge¬
samternte hinter uns zurückbleiben. Unseren Bedarf decken wir aus¬
schließlich durch Getreide aus Rußland, den Vereinigten Staaten
von Amerika, Rumänien, Österreich-Ungarn und Argentinien. Wie
sich auf sie die Einfuhrwerte verteilen, soll der Tabelle (Teil IV)
entnommen werden.
Sprich dich darüber aus!
Unsere Ausfuhr hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen.
Für Weizen kommen außer Holland, Belgien und England namentlich
die skandinavischen Länder in Betracht, wohin auch unsere Roggen-
und Haferausfuhr größtenteils gerichtet ist, während die Gerste vor¬
nehmlich nach England und Rußland geht. Mit diesem Verkehr ist