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Zweiter Zeitraum: 1648—1789.
welcher Vertrauen erweckt, durchdringenden Blick und Festigkeit. Dieser
suchte vor Allem die Besorgnisse der spanischen Großen zu beseitigen, als
solle Spanien durch die Anerkennung der französischen Ansprüche ein von
Vicekönigen regiertes Nebenland von Frankreich werden. Ludwig XIV. ließ
daher erklären, Spanien müsse vielmehr seine Selbständigkeit, seinen Rang
in der Welt behaupten, auch wenn es die französischen Erbansprüche aner¬
kenne. Der -Dauphin werde seine Rechte an denjenigen von seinen beiden
jüngern Söhnen abtreten, welchen die Versammlung der Cortes selbst wählen
würde, der dann nach Spanien kommen, daselbst seine Erziehung vollenden
und die Grundsätze des Königreiches in sich aufnehmen solle. Man werde
Vorkehrung treffen, daß die Vereinigung der beiden Kronen auch in Zukunft
vermieden bleibe. Mit diesen Vorstellungen fand Marquis de Harcourt ohne
Mühe Eingang bei den spanischen Großen, welche der Ueberzeugung waren, der
große König allein könne die spanische Monarchie gegen ihre Feinde beschützen.
Er kehrte daher mit großer Zuversicht auf das Resultat seiner Sendung
zurück. Aber Ludwig XIV. theilte diese Sicherheit der Erwartung seines
Botschafters nicht, weil ihm von der spanischen Regierung nur Ungünstiges
gemeldet wurde. Daher trat er mit König Wilhelm III. von England in
Unterhandlung, und dessen Gesandter, Grafest land, machte in Paris den
Vorschlag, wenn Frankreich den Anwachs der österreichischen Macht, die
ganze übrige Welt aber den Anwachs der französischen fürchte, so solle man
die Rechte eines Dritten anerkennen, der Niemanden gefährden könne. Dieser
Dritte war der Kurprinz Joseph Ferdinand von Baiern, Urenkel Philipp's IV.
(siehe die Stammtafel S. 48), den aber bisher der Kaiser selbst auszuschließen
gesucht hatte. Das Verhältniß beruht darauf, daß König Philipp IV. in
seinem Testamente seiner Tochter Margarethe, die mit dem Kaiser vermählt
war, den Vorzug vor ihrer ältern Schwester gegeben, im Fall aber, daß aus
dieser Ehe kein Erbe entspringe, den Kaiser selbst substituirt hatte. Ohne
Kinder war nun diese Ehe nicht geblieben. Die aus ihr hervorgegangene
Tochter (Maria Antonie) war mit dem Kurfürsten Max Emanuel von Baiern
vermählt worden. Aber der Kaiser war nicht gesonnen, einen Anspruch, welcher
dem Hause Habsburg-Oesterreich seit so manchen Jahrhunderten gehörte, an das
Haus Baiern übergehen zu lassen. Durch eine Verzichtleistung seiner eigenen
Tochter suchte er denselben dem Mannesstamme des Hauses Oesterreich, dem
jüngern seiner beiden Söhne (aus einer dritten Ehe) vorzubehalten. Der
Kurfürst behauptete, daß die Verzichtleistung seiner Gemahlin keine Wirkung
auf die Rechte ihres und seines Sohnes ausüben könne, und fand damit
die Beistimmung der Seemächte. Wenn man die bei der Erledigung des
spanischen Thrones drohenden europäischen Gefahren ins Auge faßte, so
erschien die Auskunft, welche die Thronfolge dieses Kindes darbot, als die
glücklichste. Ludwig XIV. machte sich keine Illusion darüber, daß eine neue
Ligue sich gegen ihn bilden und ein noch gefährlicherer Krieg, als der vor-