11. Die Lufthülle der Erde.
151
Das allgemeine, von Buys^beis^-Ballot^ aufgestellte Gesetz der Luft-
bewegung lautet: Die Luft strömt stets von der Gegend höheren Luft-
druckes nach derjenigen niederen Druckes und wird dabei durch
die Achsendrehung der Erde auf der Nördlichen Halbkugel nach
rechts, auf der Südlichen nach links abgelenkt.
Alle Winde der Erde bewegen sich in Kurven und bilden Teile eines
zusammenhängenden, geschlosseneu Kreislaufes. Um jeden Punkt niedrigen Luft-
druckes bildet sich ein Wirbel, eine Zyklone, in dem die Winde der Mitte
zustreben, um jedes Gebiet hohen Druckes dagegen eine Antizyklone (Fig. 97).
Dreht man aus der Nördlichen Halbkugel dem Winde den Rücken, so zeigt
die linke, etwas seitlich vorwärts gehaltene Hand auf das Gebiet niedrigen
Luftdruckes, die rechte, etwas seitlich rückwärts gehaltene auf das Gebiet hohen
Luftdruckes. Die Minima, die sich über dem nördlichen Atlantischen Ozean
bilden, folgen dem Laufe des Golfstromes in nordöstlicher Richtung und
bringen auch im Winter die warme, feuchte Luft des Meeres den Seeküsten
Westeuropas. Jene dem Meer entstammende Wärme kommt dem gegenüber-
liegenden 0 Nordamerikas im Winter in keiner Weise zugute, da der dort
lagernde hohe Druck keine Luftströmung vom Ozean her zuläßt.
Für die Beurteilung der Wetterlage ist die Beobachtung der Erdstellen,
wo hoher und niedriger Luftdruck herrscht, und demnach auch die Betrachtung
der Isobarenkarte ganz besonders wichtig. Auch der Barometerstand läßt
einen Schluß auf das Wetter der nächsten Stunden zu. Steht nämlich das
Barometer hoch, wie bei Trockenheit und Kälte, so ist die Lust schwer und
läßt sich durch andere Luft nicht vertreiben: es ist beständiges und schönes
Wetter. Fällt dagegen das Barometer tief, wie das bei wärmerer Temperatur,
reichlichem Wasserdampfgehalt, Bildung von Wolken und Niederschlägen ge-
schieht, fo ist der Luftdruck gering, die Luft wird daher durch andere zu-
strömende Luft verdrängt, es entsteht Wind oder Sturm, der meistens auch
Regen bringt: das Wetter wird unbeständig und schlecht. Wegen dieser Wetter-
anzeige wird das Barometer auch Wetterglas genannt.
Um den Äquator steigt die Lust infolge der andauernden Hitze senkrecht
in die Höhe. Daher merkt man dort meist nichts vom Wind. Es entsteht
ein Windstillen- oder Kalmengürtel, der sich etwa 10 Breitengrade weit
nach N und S ausdehnt.
In der Höhe fließen die durch die dort herrschende Kälte zusammen-
gedrängten wärmeren Luftmassen polwärts, erkalten allmählich und sinken nach
und nach auf die Erde herab. In der Nähe des 30. Breitengrades schließen sie
sich zum größeren Teil den kälteren Winden an, die von den Polen nach dem
Äquator hinströmen, um hier die emporgestiegene Luftmasse zu ersetzen (Fig. 100).
Der andere Teil zieht weiter, um den Luftausgleich an den Polen herbeizn-
führen. Zwischen 30 und 40" wird dieser abwärts zum Erdboden gedrängt,
und so entsteht zwischen diesen Breitengraden rings um die Erde ein Gürtel
höheren Luftdruckes, der auf dem Meere durch schwache, sehr oft ganz aussetzende
Winde gekennzeichnet ist (Fig. 98). Stände die Erde still, so würde der Polarluft-
ström aus der Nördlichen Halbkugel von N nach 8, auf der Südlichen von 8 nach
N wehen, und die Äquatorialströmung würde auf der nördlichen Erdhälfte die
1 B uys-B allo t, Physiker zu Utrecht, ^ 1890, ist einer der Begründer der Wetter-
Vorausverkündigung oder Wetterprognose.