Full text: Kurzgefaßtes Lehrbuch der Erdkunde

Worwort. 
Es giebt keine Auffassung der Erdkunde, welche diese Wissenschaft so 
in den Dienst der Gesammtbildung des innern Menschen zu stellen wüßte, 
als die der Ritterschen Schule. An sie hat sich auch der erdkundliche 
Unterricht in der Volksschule anzulehnen, wenn er ein lebensvoller sein 
und nicht bloß in einer Mittheilung geographischer Notizen bestehen soll. 
Da an sich das Material der Erdkunde bei dem gegenwärtigen 
wissenschaftlichen Standpunkte derselben ein überaus reiches, die Zeit 
aber, welche der Schüler ihr widmen kann, äußerst knapp bemessen ist, 
und die Kraft des Schülers zum Erfassen dieser Wissensmassen nicht aus- 
reicht, so handelt es sich vor allem darum, das Gebiet des zu ermitteln- 
den Wissens derart zu begrenzen, daß es stets ein für den Schüler über- 
schaubares bleibt, demnach: Beschränkung in Bezug aus Einzelheiten, 
strenges Maßhalten in der Auszählung von Gebirgen, Ebenen, Flüssen, 
Produkten, der politischen Eintheilnng eines Landes, seiner Städte 
und dergl. 
Was die unterrichtliche Behandlung des geographischen Stoffes an- 
langt, so ist zunächst dafür zu sorgen, daß der Schüler sich das Bild des 
Erdraumes, welcher Gegenstand der Beschreibung werden soll, zeichnend 
so fest einpräge, daß er es in seinen Hauptzügen aus der Erinnerung ohne 
fremde Hilfe wieder entwerfen kann. Sodann ist zur Beschreibung des 
gezeichneten Erdraumes nach einer bestimmten Disposition zu schreiten, 
wobei obiger Gesichtspunkt für die Auswahl des zu Lehrenden maßgebend 
ist, und endlich ist das gewonnene Material zum bleibenden Eigenthume des 
Schülers zu machen. Letzteres geschieht sowohl durch fleißige RePetition 
nach verschiedenen Gesichtspunkten, als auch durch weitere Verarbeitung 
des Erworbenen in der Lösung besonderer Aufgaben, welche hauptsächlich 
die Vergleichung, die Zusammenstellung verwandten Materials und die 
Gewinnung von Einsichten in den Zusammenhang dessen, was in Ab- 
hängigkeit von einander besteht, zu ihrem Gegenstande haben. (Solche 
Aufgaben sind in meinem „Grundriß der Erdkunde; Leipzig, bei Carl 
Merseburger, 1872" aufgestellt.) 
Daß dieser geographische Unterricht einen vorbereitenden Kursus er- 
fordert, ist wohl selbst verständlich. Derselbe würde die Heimatskunde 
und einen allgemeinen Ueberblick über die gesammte Erdoberfläche um- 
fassen. Jene erzielt, daß der Schüler die geographischen Elementar- 
begriffe in ihrem Inhalte auffaßt, und bahnt in ihm das Verständniß 
und das Lesen der Karte an. Dieser giebt dem Schüler die allgemeinen 
geographischen Kenntnisse, auf denen weiter gebaut werden kann, und 
die der Unterricht in der Geschichte, wie in der Naturkunde voraus¬
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.