Full text: Deutsche Kulturgeographie

2 I. Deutschlands Größe und Machtstellung. 
auf den Gesamtverkehr des Atlantischen Ozeans den 
größten Einfluß, der einmal in seiner vermittelnden und 
ausgleichenden Stellung und sodann in seiner Vodengestalt be- 
gründet liegt; denn es ist im allgemeinen die nördliche Abdachung 
des hohen europäischen Rumpfgebirges, der Alpen. Diese reichen 
im Süden an das Meer und gewähren von da nur schwer den 
Zutritt nach Mittel-, Nord- und Osteuropa; hingegen haben im 
Norden Menschen und Güter völlige Bewegungsfreiheit und 
können ohne größere orographische Hindernisse von Westen nach 
Osten und umgekehrt fluten. Deutschland verknüpft den 
Atlantischen Ozean mit Mittel- und Osteuropa. Seine 
Flüsse, seine Kanäle, seine Landstraßen und Eisenbahnen führen 
direkt in die europäische Mitte hinein. Darum ist das Deutsche 
Reich in stetig wachsendem Maße ein Durchgangsland für 
Roh st offe und Nahrungsmittel geworden, mit denen die 
inner n und nordeuropäischen Länder von der See aus versorgt 
werden. Da es aber fernerhin den Kern der wirtschaftlich tätigsten 
und tüchtigsten Staaten Europas bildet und diese Staaten in 
Bezug auf die Einwohnerzahl überflügelt, so hat es die Nach- 
barstaaten wirtschaftlich an sich gefesselt. 
Auch die Lage zu seinen zwei Meeren ist für Deutschland 
recht günstig. Da wo sich der deutsche Boden allmählich verflacht, 
umspülen die Meereswogen einen langgestreckten Küstensaum. 
Außerhalb einer Küstenferne von 350 km liegen nur das Elsaß, 
Baden, Württemberg, Bayern und Oberschlesien. Die meer- 
fernste Gegend Deutschlands, 725 km, ist das Berchtesgadener 
Land im Südosten Bayerns. 
Nachdem innerhalb der großen Grenzsäume Alpen und Meer, 
Weichsel und Rhein die Größe der deutschen Lande mannigfach 
im Laufe der Geschichte gewechselt, hat das Deutsche Reich nach 
dem Kriege 1870/71 eine Größe von 540743 qkm mit einer Ein¬ 
wohnerzahl von 41 Millionen Köpfen (1910 dagegen 65 Millionen) 
eingenommen. (Vgl. statistischen Anhang 1 und LI.) Damit ist 
es die drittgrößte staatliche Ländermasse Europas geworden. Nur 
Rußland und Österreich-Ungarn sind größer, Frankreich ist nahezu 
gleichgroß, wesentlich kleiner sind die übrigen europäischen Staaten 
(vgl. stat. Anh. III). Deutschland bildet ein Zoll- und Handels- 
gebiet. Die Zollgrenze fällt im allgemeinen mit der Reichs- 
grenze zusammen. Ausgeschlossen von ihr sind 71 qkm mit 
17600 Einwohnern, nämlich die Freihafengebiete von Hamburg, 
Bremerhaven und Geestemünde, ein Teil der Gemeinde Cuxhaven, 
die Insel Helgoland und ein sehr kleines Gebiet im südlichen 
Baden an der Grenze des Kantons Schaffhausen. Eingeschlossen 
sind in die Zollgrenze außer dem Reichsgebiet das Großherzog- 
tum Luxemburg (2600 qkm mit 260000 E.) und die kleinen 
österreichischen Gemeinden Jungholz (im Süden von Kempten) 
und Mittelberg (Vorarlberg) mit 6 qkm und reichlich 1400 Be- 
wohnern. Somit hat das deutsche Zollgebiet oder Wirt-
	        
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