Full text: Deutsche Kulturgeographie

162 IV. Die geistigen Grundlagen der deutschen Kultur. 
der landsmannschaftlichen Gefühle, an dem kräftigen Staatsleben 
unserer Einzelländer, an der starken künstlerischen Betonung 
der Heimatgefühle in unserer Dichtung (Heimatkunst!), Malerei, 
Baukunst, im Kunsthandwerk und in der tatkräftigen Förderung 
der Heimat- und Naturdenkmalpflege. Allüberall ist der 
Hauch des Heimatlichen stärker geworden als je zuvor. 
In dem Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Volksstamme 
liegt die Vaterlandsliebe begründet. In der Heimatpflege 
findet die Vaterlandsliebe eine schöne Vetätigungsform. Die 
Heimatpflege ist die Fürsorge für alles, was unsere engere 
oder weitere Heimat, das Vaterland, an Schönem, Eigenartigem 
und Ehrwürdigem besitzt, mag es sich dabei um Menschenwerk 
oder um Gottes Schöpfung handeln. Damit wird die Heimat- 
pflege ein wesentlicher Bestandteil unserer National-Erziehung. 
Schon in der Schule, sei es Volks- oder höhere Schule, nehmen 
heute volkskundliche Belehrungen einen größern Raum ein. Sie 
verfolgen den hohen Zweck, das Heimatgefühl, das vaterländische 
Fühlen zu wecken und zu entwickeln, die Bedeutung der Heimat 
als Kulturstätte verstehen zu lernen und Achtung und Ehrfurcht 
vor geschichtlichen Einrichtungen und überkommenen Sitten ein- 
zuflößen; „was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um 
es zu besitzen!" (Goethe). Nicht allein wird dadurch die Vaterlands- 
liebe gepflegt und gestärkt, sondern auch zur Dankbarkeit gegen 
Gott und Vaterland erzogen. 
Die Heimatpflege betätigt sich darin, die bürgerliche und 
bäuerliche Bauart, die Trachten und Altertümer zu erhalten und 
Sitte und Gebräuche, schöne Märchen, Sagen und Lieder zu 
bewahren. Sind auch die Aufgaben der Heimatpflege sehr mannig- 
faltig, so dienen sie doch alle der ungeschädigten Erhaltung 
deutschen Volkstums. Jeder Einzelne von uns muß in der 
Heimatpflege mitwirken. Jeder Einzelne kann da zum Forscher 
werden; nur muß er ordentlich sehen, hören und fragen können. 
Das beste Mittel, Natur und Heimat kennen zu lernen, ist die 
Wanderung. Ihr Ziel soll nicht sein, in kürzester Zeit möglichst 
große Strecken zu durchmessen, sondern sich in die Umgebung 
einzufühlen und einzuleben. Was alles weiß nicht ein alter 
Steinkrug, eine alte Wanduhr, ein alter Schrank, ein altes 
Haus, eine Dorfanlage, ein Ortsname, eine Mundart und der 
Boden von seiner Einwirkung auf Leib und Seele, Sitten und 
Gewohnheiten der Heimat zu erzählen. Um diese Sprache zu 
verstehen, muß man nur das Bestreben haben, an allem etwas 
Gutes, Schönes und Eigenartiges zu suchen, und man wird 
finden, daß es soviel Beachtens- und Bemerkenswertes gibt, 
woran man früher unachtsam vorübergegangen ist. So wird 
das Beobachten, Erkunden und Forschen im kleinsten Kreis zur 
Freude und Erholung von den Strapazen des Alltaglebens. 
Kaum wie ein ander Volk hat sich das deutsche über den 
Werktag hinaus die Seele offen für die taufenden Schönheiten
	        
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