- 105 -
66. Von den Sachsen, ihrem Herzog Wittekind und den
Normannen.
echshuudert Jahre waren seit der Hermannschlacht oergangen.
Da wohnte in nnsrer Gegend der Stamm der Sachsen. Zu
ihm gehörten auch die Nachkommen der alten Cherusker. Im 8. Jahr-
hundert kamen die Franken von dem Rheine her in das Sachsenland.
Ihren Heeren folgten die christlichen Priester, die das Christentum den
heidnischen Sachsen brachten. Schon früher waren christliche Send-
boten nach Westfalen gekommen. Äber die Sachsen hielten lange und
zäh fest an dem alten Glauben ihrer Väter. Über dreißig Jahre
kämpften sie gegen den gewaltiaen Frankenherrscher, gegen Karl den
Großen (772—803).
In diesen Kämpfen war der Sachsenherzog Wittekind die Seele
des Widerstandes. Er ist der volkstümlichste Held ganz Nordwest-
deutschlands geworden. Viele Sagen knüpfen sich an seine Person.
In Herford und in Enger erinnern Denkmäler an den Sachsenhelden,
und in Enger, wo sein Grabmal in der Kirche vorhanden ist, wird
sein Gedächtnis noch heute gefeiert. Karl der Große benutzte ans seinen
Heerzügen meist die Straßen und Pässe, die schon die Römer gezogen
waren. So kamen die Franken auch in das Ravensberger Land.
Auf den Höhen des Teutoburger Waldes aber hatten die Sachsen zu
den beiden altgermanischen Burgen noch eine ganze Reihe neuer er-
richtet. Von dort ans spähten sie scharfen Auges ins heutige Münster-
land hinein, um gerüstet dem Feinde die Stirne zu bieten. Zwei
Stunden von Bielefeld, in der Richtung nach Detmold, liegt Oerling-
hausen. Oberhalb des freundlichen Städtchens erhebt sich der Tons-
berg. Auf ihm finden wir die Reste eines alten Sachsenlagers. Hier
an den Abhängen des Teutoburger Waldes tobte die gewaltige Schlacht,
in der Karl der Große die Sachsen besiegte. Auch auf den Höhen des
Wesergebirges lagen feste Sachsenburgen, wie z. B. die Babilonie bei
Lübbecke, die Nammer Burg in der Nähe von Hausberge und die
Wittekindsburg an der Porta. Am Süntel, in der Gegend von
Nammen, wurde Karls Heer durch Überfall vernichtet, und auch die
großen Feldfchlachten, in denen die Sachfen endgültig besiegt wurden,
fanden in diesen Gegenden statt. Wittekind ließ sich taufen.
Viele edle Sachfeu aber, die sich dem fränkischen Eroberer nicht
beugen wollten, flohen mit ihren Familien zu den stammverwandten
Dänen und Norwegern. Die Söhne und Nachkommen der dem
heutigen ravensbergischen Boden entsprossenen und nach dem Norden
geflüchteten Sachsen haben bald darauf mit ihrem Kriegsruhm die
Welt erfüllt. Auf ihren fchnellrndrigen, hochbordigen Schiffen durch-
furchten sie die Meere, drangen in die Mündungen der Flüsse Nord-
Westeuropas, zerstörten und verbrannten Städte und Dörfer, Kirchen
und Klöster, eroberten England, durchfuhren die Straße von Gibraltar