Full text: Lehrbuch des geographischen Anschauungs- und Denkunterrichts

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Rede gewesen. Aber auch das nordöstliche Tiefland hat seine Höhenzüge. 
Der Umstand, daß der Laus aller größern Flüsse Europas nach zwei 
entgegengesetzten Richtungen sich unterscheidet, läßt erkennen, daß die 
Haupt-Erhebung Europas, so zu sagen sein Rückgrat, mit geringer Ab- 
weichung in eine Linie fällt, die vom Cap Trafalgar in Süd-Spanien 
mitten durch Deutschland bis zum nördlichen Uralgebirge an der Grenze 
Asiens gelegt ist. Der vom nördlichen Uralgebirge bis nach Norddeutschland 
sich fortsetzende norduralische Landrücken giebt, obwohl er nur in dem 
Waldaiplateau oder Wolchouskywalde 325 m. Höhe erreicht, den- 
noch sehr bedeutenden Strömen den Ursprung. Die angegebene Linie 
Mft von Südwest nach Nordost, und darum dacht sich Europa im 
Ganzen nach Nordwest und Südost ab. Und einer dieser Richtungen folgt 
denn auch im Allgemeinen jeder Hanptslnß. Der nordwestlichen Richtung 
folgen in den einzelnen Ländern? Der entgegengesetzten? Was für einen 
Lauf werden die von höhern Gebirgen kommenden kürzern Flüsse West- 
Europas im Vergleich zu denen Ost-Europas haben? Europa, als ein 
reich gegliederter Erdtheil, muß zum großen Theil ein gebirgiger sein. 
Aber seine Gebirge nehmen nicht entfernt die riesigen Verhältnisse an, wie 
die der andern Erdtheile. Die Alpen, das ausgedehnteste uud höchste 
Gebirge, erreicht in seinen höchsten Bergen doch nnr eine Höhe von etwa 
4550, die Pyrenäen von 3250, die Karpathen von 2600 m. „Im 
Allgemeinen zeigt sich bei ihnen, was bei den Flüssen, Pflanzen und Thier- 
formen als entschiedener Charakter auftritt, eine gewisse Mäßigung oder 
Mittelmäßigkeit." Was aber das Gebirgslaud Europas so vortheil- 
hast auszeichnet, das ist der reiche Wechsel der verschiedenartigsten Stufen 
der Erhebung, der sich fast in jedem einzelnen Lande wiederholt, so daß 
hierdurch eine Mannichfaltigkeit erzeugt wird, wie sie kein anderer Erdtheil 
auch nur annähernd aufweisen kann. In England, in Deutschland, in 
Frankreich, in Italien, in der Pyrenäen- und Balkanhalbinsel finden wir 
Hochland und Tiefland, Hügelland und Flachland in wechselvoller Vertheiluug. 
Dazu sind die Gebirge meist sehr zugänglich und versenden nach allen 
Richtungen hin eine solche Menge wasserreicher Ströme, daß Europa ein 
reich bewässerter Erdtheil zu nennen ist. Durch Kanäle sind nament- 
lich im westlichen und nördlichen Europa die größeren Flüsse zur Erleich- 
teruug der Schiffahrt verbunden. Wüste Flächen kennt das europäische 
Tiefland nur in dem südlichen Rußland. Von der Donanmünduug dehnt 
sich das Schwarze Meer entlang, nach Osten zu stets breiter werdeud, bis 
nach Asien die russische „Steppe" aus, ähnlich den amerikanischen, im 
Sommer verbrannt, im Frühling mit üppigem Gras bedeckt, den Pferden 
und Rindviehheerden der nomadischen Stämme zur Weide dienend. 
§ 21. Klimatische Verhältnisse. 
Warum ist Europas Klima im Ganzen ein gemäßigtes? Woran liegt 
es,^ daß Asien und Nord-Amerika unter gleichen Breitengraden ein strengeres 
Klima haben? Asien reicht bis zum 78° nördlicher Breite, Europa bis 7 2°. 
Schreiber, geogr. Lehrbuch. 4
	        
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