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Deutschland.
§ 24. Grenzen. Abdachung. Lage. Klima. Produete.
Gleichmäszigkeit und Verschiedenheit von Nord und Süd.
„Wie herrlich ist mein Vaterland
Vom Alpenwalle bis zum Strand
Der grünen Meereswogen,
Mit grünen Thälern hold geschmückt,
Mit Korn und edlem Wein beglückt,
Von Wäldern reich durchzogen!"
„Deutschland ist das goldene Mittelland Europas," oder, wie man es
nicht weniger treffend bezeichnet hat, „der Kern, das Herz Europas", nicht
blos der geographische Mittelpunkt, sondern auch der historische Schwerpunkt
desselben. (Vgl. § 67.) Die Gebirgsdiagonale oder Längenaxe (s. § 19
Zeichnung der Karte) und der wichtige, Italien und die Skandinavische
Halbinsel scheidende 30° OL. fallen durch die Mitte Deutschlands; im
Kreise lagern sich um dieses Centrum alle bedeutenden äußeren Glieder des
Gesammtkörpers, die unmittelbar angrenzenden Länder, alle Halbinseln und
größeren Inseln, sowie die für Europas Entwicklung und Verkehr besonders
bedeutungsvollen Meere; das ihm angehörende Alpengebirge weist darauf hin,
daß in ihm Europa seinen Kern und Halt besitzt; innerhalb seiner Grenzen
berühren sich die drei Hauptvölkerstämme Europas, die Germanen, Romanen
und Slaven, und daraus folgt seine eben so hohe als schwierige Ausgabe,
wie das scheidende, so das ausgleichende und vermittelnde Element zwischen
den beiden letzteren zu sein.
Was seine physischen Grenzen anlangt, so beginnen wir (mit Daniel)
im Südwesten.
Dort hat die Natyr in dem 2925 m. hohen St. Gotthard (s. die
Alpen) einen „erhabenen Grenzpfeiler" zwischen Frankreich, Italien und
Deutschland gesetzt. Er bildet den Mittelpunkt der vom Simplon beginnen-
den, bis zu ihm in einem Bogen sich nordöstlich und dann südöstlich wendenden
Lepontischen Alpen, an welche sich alsdann vom Splügen die weiter
gegen Italien die natürliche Südgrenze bildenden Rhätischen Alpen
reihen. Von der Dreiherrenspitze, wo sich die Alpen in einen nordöst-
lichen und in einen südöstlichen Zug theilen, ist der letztere, die Karnischen
nnd Julischen Alpen bis zum Meerbusen von Finme, die weitere Grenze
gegen Italien. Minder bestimmt, aber doch deutlich genug hat die Natur
die Ost grenze vorgezeichnet. Von jenem Busen in nordöstlicher Richtung
bis zur Douau wird sie von den Ausläufern der Alpen, von da bis
zur Weichselquelle von den Kleinen Karpathen, von hier in nordwestlicher
Richtung durch die Wasserscheide zwischen Oder und Weichsel, jenen
waldigen Hügeln, auf denen die Quellen der Nebenflüsse der Oder rechter
Seits und der Weichsel linker Seits liegen, gebildet. Die natürliche Nord¬