Full text: Die Methodik des erdkundlichen Unterrichts (Einl. Teil)

Abgrenzung und Benennung im allgemeinen. 
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kenntnis Humboldts, dass der Reichtum der Natur¬ 
wissenschaften nicht mehr in der Fülle, sondern in 
der Verkettung der Tatsachen bestehe, suchte er auch in 
der Erdkunde den ursächlichen Zusammenhang der Erscheinungen 
in den Vordergrund zu stellen. In dem Vorwort zu seiner „All¬ 
gemeinen, vergleichenden Erdbeschreibung" wendet er 
sich gegen die Behandlung der Geographie als Anhängsel der Ge¬ 
schichte und sagt: „Als historische Disziplin ist die Geographie 
bis jetzt nur ein mannigfaltiges Gemenge ohne inneres Gesetz ; 
sie harrt unter der Last der Schlacken, die sie decken, des Silber¬ 
blicks, aus dem sie als ein wissenschaftliches Gediegenes hervor¬ 
gehen soll. Namen, Zahlen, mathematische, logische, statistische 
Einteilungen und Beschreibungen sind ihr unentbehrlich, machen 
aber ihr Wesen nicht aus". Dieser Silberblick leuchtete aus 
Ritters Geist selbst auf und liess ihn das Wesen der Erdkunde 
in der Aufgabe erkennen, „die allgemein wichtigsten 
geographisch-physikalischen Verhältnisse der Erd¬ 
oberfläche in ihrem Naturzusammenhange und zwar 
ihren wesentlichen Zügen und Haupt umrissen nach 
darzustellen, insbesondere als Vaterland der Völker 
in dessen mannigfaltigstem Einflüsse auf körperlich 
und geistig sich entwickelnde Menschheit". Nun war 
es klar, dass Ritter bei der Lösung dieser Aufgabe nicht von 
der Betrachtung des Menschen und politischer Gebiete ausgehen 
konnte, sondern von der Natur und von natürlich abge¬ 
grenzten Erdräumen seinen Ausgang nehmen musste. 
Seine Ansicht hierüber erfahren wir aus folgender Stelle in der 
Einleitung zu dem genannten Werke: „Von dem Menschen unab¬ 
hängig ist die Erde, auch ohne ihn und vor ihm der Schauplatz 
der Naturbegebenheiten: von ihm kann das Gesetz ihrer Bildungen 
nicht ausgehen. In einer Wissenschaft der Erde muss diese selbst 
um ihre Gesetze befragt werden. Die von der Natur auf ihr er¬ 
richteten Denkmale und ihre Hieroglyphensclirilt müssen betrachtet, 
beschrieben, ihre Konstruktion entziffert werden. Ihre Oberflächen, 
ihre Tiefen, ihre Höhen müssen gemessen, ihre Formen nach ihren 
wesentlichen Charakteren geordnet und die Beobachter aller Zeiten 
und Völker, ja die Völker selbst müssen in dem, was sie ihnen 
verkündigte, und in dem, was durch sie von ihnen bekannt wurde, 
gehört und verstanden werden. Die daraus hervorgehenden oder 
längst überlieferten Tatsachen müssen in ihrer oft schon wieder 
zurückgedrängten und vergessenen Menge, Mannigfaltigkeit und Ein¬ 
heit zu einem übersichtlichen Ganzen geordnet werden." 
Es ist gleichsam das A im A B C einer Wissen¬ 
schaft, dass sie ihre Lehr e inheiten selbständig ab¬ 
grenzt und benennt. Jede Lehreinheit muss einen wirklichen 
Teil des Ganzen und selbst wieder, wenn auch im eingeschränkten 
Sinne, für^ sich ein Ganzes bilden. Die Erdkunde betrachtet als 
ihr eigentliches Lehrgebiet die Er d o b e r f 1 äeh e. Als ihre n a t ii r- 
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