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16 Die Biene und die Taube.
Ein Bienchen trank und siel darüber in den Vach; das sah von
oben eine Taube und brach ein Blättchen von der Laube, und warf's
ihr zu. Das Bienchen schwamm darnach und half sich glücklich aus
dem Bach. In kurzer Zeit saß unsre Taube in Frieden wieder
auf der Laube. Ein Jäger hatte schon den Hahn auf sie gespannt.
Mein Bienchen kam, — pick! stach's ihn in die Hand; puff! ging der
ganze Schuß daneben. Die Taube flog davon. Wem dankt sie nun
ihr Leben? —
17. Spinne und Fliege.
Spinne: Fliege, du Theure, ich bitte dich, besuch doch noch
ein wenig mich! Ich will dir ein frohes Stündchen bereiten, dich
reichlich bewirthen mit Süßigkeiten.
Fliege: Frau Spinne, da komm' ich sogleich zu dir, denn Sü¬
ßigkeiten behagen mir./
Die Spinne ihrer List sich freut, die Fliege besucht sie unge¬
scheut. Doch ach! kaum hat sie sich niedergesetzt, fühlt sie sich ge¬
fangen, geknebelt, verletzt; da seufzt sie: Du Böse, du hast
gelogen. Ach, wer leicht glaubt, wird leicht betrogen.
18. (YotteS Fürsorge.
Es ist kein Mäuschen so jung und klein, cs hat sein liebes Müt¬
terlein; das bringt ihm manches Krümchen Brod, damit es nicht leidet
Hunger und Noth. Es ist kein liebes Vögelein im Walde draußen
so arm und klein, es hat sein warmes Federkleid; da thut ihm Regen
und Schnee kein Leid. Es ist kein bunter Schmetterling, kein Würmchen
un Sommer so gering, es findet ein Blümchen, es findet ein Blatt,
davon es ißt, wird froh und satt. Und wer hat das alles so be¬
dacht? Der liebe Gott, der alles macht und sieht auf alles väterlich,
der sorgt auch Tag und Nacht für mich.
IN. Lieder.
IValriiiminclieD.
1. Es wollt’ ein Knäblein in den
Wald
Gar munter und geschwind;
Die Mutter sprach: Komm wieder bald
Und nasche nicht Beeren, mein Kind!
2. Da sprang das Knäblein fort
und fort
Und trieb sein lust’gcs Spiel,
Gedachte nicht der Mutter
W o r t
Und naschte der Beeren gar viel.
3. Und als die dunkle Nacht be¬
gann,
Da schlich es mild' nach ITaus.
Die Mutter sprach: Was hast du ge¬
than,
Du siehst ja so kümmerlich aus.
4. Das Knäblein sprach: Wie sollt’
es sein?
Ich bin ja so frisch und gesund;
Waldmännchen hat Kirschen ohne
• ¡Stein,
Die schmeckten so süss mir im Mund,
5. Da ward vor ¡Schreck die Mutter
bleich,
Und wandte hinweg ihr Gesicht;
Doch barg sie die Furcht und lächelte
gleich:
Waldmännchen, Kind, giebt es ja nicht.
0. Nicht schlief die Mutter die
ganze Nacht,
Wach hielt sie Kummer u. Harm;
Und als am Morgen der Tag erwacht’,
Hielt todt sie den Knaben im Arm.