Die Niederungarische Tiefebene und die Ost- und Südkarpaten.
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nur von niedrigem Grase bewachsen ist, also durchaus Steppen¬
natur zeigt, zu dem Alföld (— Niederland), das sich zu beiden
Seiten der T h ei s s ausbreitet. Es nimmt also ziemlich die Mitte
der Tieflandschaft ein, ist im N etwa 75 km, im S. dagegen
wohl doppelt so breit und bei einer Länge von 300 km etwa
35000 qkm gross. Eine vierte Form des Pflanzenkleides zeigen-
schliesslich die Sumpfgebiete zu den Seiten der Flüsse und an
abflusslosen Stellen des Landes, wo scharfrandige Gräser, Binsen,
Schilf und Rohr um die Herrschaft streiten. In ihrem Dickicht
haust ein reiches Tierleben, besonders zahlreich die Vogelwelt.
Als Ursachen der Steppenbildung sind das kontinen¬
tale Klima1) und die Verteilung der Niederschläge anzu¬
sehen. Das kontinentale Klima, das sich selbst wieder aus der
weiten Entfernung des Landes vom Atlantischen Ozean und aus
seiner Gebirgsumwallung erklärt, macht sich durch sehr kalte
Winter und h e is s e Sommer bemerkbar. In Budapest wurden
19,9° Kälte und 35° Wärme, in Debreczin 21,8° Kälte und
37,5° Wärme beobachtet. Der Frühling fällt fast ganz aus. Schnell
nimmt mit steigender Sonne die Wärme zu, und die Sommermonate
bringen andauernde Hitze. Im Alföld werden im Sommer durch¬
schnittlich 80—90 Tage mit über 20° C., in Frankreich unter
gleicher Breite nur 40—50 mit solcher Wärme beobachtet. Früh
tritt dann wieder der winterliche Frost ein. Dieses kontinentale
Klima würde aber nicht zur Steppenbildung führen, wenn die Ver¬
teilung der Niederschläge eine gleichmässigere wäre. In dem
Monate Juli nimmt die Regenmenge, die im Juni am grössten ist,
bedeutend ab, und August und September sind fast ohne
Regen. Die lange Dürre vernichtet fast das ganze Pflanzen¬
leben, besonders auf sandigem Boden, und verbrannt liegen die
Heideflächen, die ungarischen Pussten, da. Andauernde
Dürre vermögen auch die Holzgewächse nur schlecht zu ertragen.
Soweit das Auge reicht, ist kein Baum und Strauch zu sehen.
Ein eigentümliches, bräunlich - grünes Gras, hart und von
kurzem Wüchse, bedeckt den häufig infolge des schlechten
Wasserabflusses salzhaltigen Boden.
b. Das Kulturbild.
Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Boden
und den ihn bewohnenden Menschen wird uns recht deutlich,
') Unter kontinentalem Klima versteht man ein Klima, das nur durch
die Wärmeverhältnisse des Kontinents, also des festen Landes, nicht
aber des Meeres beeinflusst wird. Landflächen werden im Sommer schnel¬
ler erwärmt als Wasserflächen, strahlen aber auch im Winter schneller ihre
Wärme wieder aus. So erklären sich grosse Sommerhitze und grosse
Winterkälte der vom Meere weit entfernten oder durch hohe Gebirge vom
Meereseinflusse abgeschnittenen Landgebiete. In der Grossen Ungarischen Tief¬
ebene wirken beide Ursachen zusammen.