Full text: Bayerisches Realienbuch

sie mir anvertrauen, will ich sie in Gottes Namen tragen.“ Bald darauf wurde Heinrich 
in Fritzlar zum Könige gewählt (919) und nannte sich „König von Gottes Gnaden“. 919 
Gedicht: Heinrich der Vogelsteller.) 
3. Heinrich ftellt die Einheit des Reiches wieder her. Unter den schwachen 
Nachfolgern Karls d. Gr. hatten die Großen des Reiches die Erblichkeit ihrer Lehens⸗ 
güter erstritten. Nicht selten standen sie dem Kaiser als Gleiche gegenüber und boten 
ihm Trotz. Zuerst wurde Heinrich nur von den Franken und Sachsen als König 
anerkannt. Der mächtige Bayernherzog Arnulf, der schon dem Könige Konrad 
die Anerkennung verweigert hatte, stellte sich auch ihm kampfgerüstet entgegen; Hein⸗ 
rich aber wußte ihn in einer persönlichen Unterredung vor den Mauern Regensburgs 
durch freundliches Entgegenkommen und weise Mäßigung zu versöhnen. Durch 
Milde und Freundlichkeit gelang es ihm, auch die Anerkennung Schwabens zu 
gewinnen. Dem Herzoge von Lothringen gab er seine Tochter zur Gemahlin, 
und so hatte er in einigen Jahren alle seine Lehensleute dahingebracht, daß sie 
ihm als ihrem Könige huldigten und ihm Treue und Heeresfolge gelobten. Über 
jeden Stamm gebot und richtete ziemlich selbständig der Herzog, über allen Ländern 
des Reiches aber stand der König als höchster Richter und Heerführer des ganzen 
Volkes, als letzte Zuflucht der Bedrängten, als oberster Schirmherr der Kirche. 
4. Einfall der Ungarn. Im fünften Jahre seiner Regierung fielen die Ungarn 
in Deutschland ein. Auf kleinen gepanzerten Pferden kamen sie in Scharen herbei. 
In der Schlacht ergriffen sie zum Schein die Flucht, um die Gegner, die zu Fuß 
kämpften, aus ihrer Ordnung herauszulocken. Plötzlich kehrten sie um und schossen 
aus weiter Entfernung die Feinde, die nur auf den Nahekampf eingerichtet waren, 
mit ihren kräftigen Bogen nieder. Sie hausten schrecklich im Lande. Was ihnen 
an Beute gefiel, nahmen sie mit. Sie erschlugen die Männer, banden die Frauen 
mit ihren langen Haaren zusammen und trieben sie fort. Die Gehöfte blieben als 
Brandstätten zurück. Heinrich war gerade krank und fühlte sich nicht stark genug, 
sich diesen wilden Scharen entgegenzustellen. Sachsen war auch in einer besonders 
schlimmen Lage. Während z. B. am Rhein und an der Donau seit der Römerzeit 
Städte vorhanden waren, fehlten sie in Sachsen gänzlich. Hier lebten die Leute 
in bäuerlichen Verhältnissen über das ganze Land zerstreut. Die Fußtruppen der 
Sachsen waren gegen die Reiterscharen der Ungarn gar nicht zu verwenden. Eines 
Tages aber glückte es Heinrichs Leuten, einen vornehmen Häuptling zu fangen. 
Den gab der König nicht eher los, bis ihm die Ungarn gegen einen jährlichen Tribut 
einen Waffenstillstand auf neun Jahre bewilligten. 
5. Heinrich schafft Zufluchtsstätten. Während des Waffenstillstandes ließ 
Heinrich in Sachsen Burgen anlegen, wie Quedlinburg und Nordhausen, und vor— 
handene Bischofssitze, Pfalzen und Klöster mit Mauern und Wällen umgeben. Diese 
befestigten Plätze aber erschienen den an Freiheit gewöhnten Deutschen wie Gräber, 
und sie hatten keine Lust, darin zu wohnen. Da befahl Heinrich zu losen. Von je 
neun Mann mußte einer in die Burg ziehen. Die anderen acht aber mußten den 
Acker bestellen und den dritten Teil der Ernte in die festen Plätze bringen. Dies 
geschah, damit das Landvolk, wenn es zur Kriegszeit in den festen Plätzen Schutz 
suchle, hier auch auf längere Zeit Lebensmittel vorfände. Die Leute in der Burg 
erhiellen den Namen „Bürger“. Der König verlieh ihnen manche Vorrechte, schenkte 
ihnen Ländereien und Forste und verlegte Messen und Märkte in die Burgen.
	        
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