Die Niederungarische Tiefebene und die Ost- und Südkarpaten. 77
we g e ausgeführt wurden, sind besonders der Franzenskanal
zwischen Donau und Theiss, der Begakanal zwischen Bega und
Theiss, der Sarvizkanal, der Stuhlweissenburg mit Szegszárd
verbindet, und der Zichykanal, der einen grossen Bogen der
Donau bei Tolna abschneidet, zu nennen.
Ausser Viehzucht und Ackerbau war seit jeher in Ungarn
das Kleingewerbe kräftig entwickelt. Die Versuche der letz¬
ten Zeit, auch eine blühende Grossindustrie zu schaffen, sind
nicht nach Wunsch gelungen. Es fehlen für diese dem Lande
die nötigen Grundlagen. Die Kohlen- und Eisenschätze sind nur
in einigen Gegenden bedeutend — wir lernen sie zum Teil noch
bei der Betrachtung Siebenbürgens kennen. Der Versand von
Rohstoffen und fertigen Erzeugnissen auf der Donau und unteren
Theiss kann nur wenigen Städten Nutzen bringen, weil die sumpfigen
Ufer sich auf weiten Strecken zur Besiedelung nicht eignen.
Die Stadt Budapest (675 000 E.) vereinigt alle Vorzüge der
Lage in sich. Ihr stehen die Braun kohl e n lager des nahen
Bakonyerwaldes zur Verfügung und die Schiffahrtswege der
Donau nach zwei Seiten hin auf weiter Strecke offen. Budapest
ist fast allein der Sitz einer Grossindustrie geworden. Gross¬
artig sind besonders dort die Kunstmühlen, Maschinenfabriken
und Dampfziegeleien. Nächst ihm sind Szegedin (90000 E.),
M aria Theresiopel (75 000 E.) und Temesvár (spr. témeschwâr),
(40000 E.) die bedeutendsten Industriestädte des Gebietes. Szege¬
din hat Papier-, Tabak- und Seifenfabriken, Maria The¬
resiopel treibt Leinenweberei, Färberei und Gerberei,
Temesvár ebenfalls Gerberei, sowie die Verfertigung von
Baumwoll- und Tuch Stoffen und von Papier. In den
übrigen ungarischen Städten und auch in den beiden letztge¬
nannten, bilden neben dem Kleingewerbe und geringer Fabrikthätig-
keit Ackerbau, Viehzucht, Weinbau und Tabakbau die
Haupterwerbsquellen. Die meisten sind als grosse, volksreiche
Dörfer anzusehen, die vor den kleineren Ortschaften den Vorzug
hatten, dass in ihnen zugleich der Handel mit landwirtschaft¬
lichen Erzeugnissen einen Mittelpunkt suchte. Die bedeu¬
tendsten Städte sind folgende: Hodmezo-Vasárhély (spr. hod-
mésô - wâscharhelj von Hod = Biber und von Varsarhely =
Marktflecken, 55 000 E.), Kecskemét (50000 E.), Arad, Gross-
wardein (= grosse Feste) a. der Schnellen Koros, Fünfkirchen
und Stuhlweissenburg. Städte mit mehr als 25 000 E. sind im
ganzen wohl mehr als 20 vorhanden. Am Rande der Ebene liegt
im SW noch A gram.
In einem Lande, dessen Bewohner hauptsächlich Viehzucht
und Ackerbau treiben, muss uns die grosse Zahl volksreicher
Ansiedelungen auffallen. Das Zusammenleben der Bewohner
in wenigen, aber grossen Ortschaften ist auch auf eine be-