Full text: Die Provinz Hannover (H. 4)

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Von den beiden gewaltigen Thurm (4,72 m hoch, 1,15 m breit) zeigt 
die eine in acht Bildern aus dem Alten Testamente den Fall des 
menschlichen Geschlechtes und die andere in derselben Weise in Bil- 
dern aus dem Neuen Testamente die Erlösung. Durch diese dick aus 
den Thürflächen hervortretenden Bilder (Reliefs) ist Bernward bahn- 
brechend für die Kunst geworden. Zum ersten Male seit Jahrhun- 
derten ist in ihnen ein Werk entstanden, auf dem die dargestellten Per- 
sonen durch ihre Bewegungen und Gebärden lebhaft erzählen, nicht 
mehr bloß starr und tot dastehen. Von des kunstsinnigen Meisters 
eigener Hand ist ein Kreuz, das in der Magdalenenkirche befindliche 
Bern wardkreuz, geschaffen, welches ein ungewöhnliches Meisterwerk 
der Goldfchmiedekunst darstellt. Auf einem etwa 40 ein langen, mit 
fein ausgearbeiteten Goldplatten 
überzogenen Holzkreuze ist eine 
große Zahl Perlen, Edelsteine und 
Krystalle in kunstvoller Gruppierung 
zu bewundern. Ein großer Krystall, 
der die Mitte des Kreuzes bedeckt, 
birgt angeblich ein Stück des Kreuzes 
Christi. Neben vielen Wertstücken 
aus Bernwards Zeit, die von ähn- 
licher Art sind, wird in der Dom- 
bibliothek das älteste Mathe- 
matikbuch Deutschlands aufbe- 
wahrt; es ist das eine Geometrie, 
die der fleißige Bernward für seinen 
klugen Schüler Otto III. schrieb. 
Alles aber, was des bedeu- 
tenden Mannes Wille oder Hand 
sonst noch schuf, wird übertroffen 
durch den Bau seines Michaelis- 
kl osters, in dessen Mauern er 
auch sein Grab fand. Von der 
ursprünglichen Anlage Bernwards 
ist uns leider nur ein Stück erhalten; 
es ist dieses das in unserm Jahr- 
hundert sorgfältig wiederhergestellte Mittelschiff der Michaeliskirche mit 
einem Teile des alten Klosterganges. Aber dieses Stück schon läßt uns 
den Wert des Ganzen ahnen. Diese Michaeliskirche gilt noch heute als 
eines der schönsten Bauwerke aus der Zeit des Rundbogenstils (romanisch). 
Einzig in feiner Art ist das Deckengemälde in dem 28y2 mlangen, 
8 x/2 m breiten Mittelschiffe, welches den Stammbaum Jesu darstellt. 
„Eine so umfangreiche, der romanischen Periode angehörende Malerei 
auf Holz in sinniger Anordnung und trefflicher Ausführung wird man 
in anderen Kirchen dieses Stils vergeblich suchen" (Mit ho ff). 
Bernwards Anregung wirkte nach seinem Tode fort; tüchtige 
Kirchenfürsten und aufstrebender Sinn einer unternehmenden Bürger- 
schaft haben gemeinsam gearbeitet, wertvolle Bauwerke in reicher Zahl
	        
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