Die deutschen Kolonien (Schutzgebiete) in Afrika. 115
Die ausgedehnte Hochfläche des Inneren erhebt sich im Durchschnitt
zwischen 1000 und 1200 m. Sie wird durch eine breite und über 4OO m
tief eingesenkte Trockenrinne, an deren Nordende sich der 6010 m hohe,
zweigipfelige Kilimandscharo mit seinem eisumpanzerten Kraterhaupt
erhebt, vom Usambara-, Usagara- und Uhehegebirge getrennt. Letzteres
steigt bis rund 2000 m an und reicht bis nahe zum Njassasee. — Die
offenen Hochflächen neigen wegen der langen, niederschlagslosen Zeit,
welche sich zwischen den Frühlings- und Herbstregen erstreckt, zur
Savannenbildung mit mannshohen Gräsern und zur Strauchsteppe.
Eigentliche Wälder umhüllen nur die Gebirge. Die dichten Urwälder
der Gebirgshänge, namentlich aber die weiten Grasfluren des Inneren
beherbergen eine reiche Fülle jagdbarer Tiere, so daß Deutsch-Ostafrika
wohl einen der großartigsten Jagdgründe der Erde darstellt. Die Tier¬
welt ist vorwiegend eine Steppenfauna: ganze Herden von Antilopen
und Zebras und zahlreiche Rudel des afrikanischen Büffels durchstreifen
die weiten Grasebenen; auch Nashorn, Hyäne und Leopard finden sich
überall. Elefant und Löwe dagegen sind seltener geworden.
Die Eingeborenenbevölkerung Ostafrikas gehört der großen Völker -
gruppe der B a n t u n e g e r an. Die Mehrzahl derselben treibt Acker¬
bau. Die in den Küstengegenden wohnenden Suaheli stehen seit
Jahrhunderten unter dem Einflüsse der eingewanderten Araber, die ihrer¬
seits wieder in ein drückendes Abhängigkeitsverhältnis zu den schon früh
ansäßigen Indern gerieten. In den Händen dieses schlauen, von einem
lebhaften Erwerbssinn erfüllten Völkchens liegt noch heute vielfach der
Grundbesitz sowie der Kleinhandel und der Karawanenbetrieb, der immer
noch neben den wenigen Schienensträngen eine Hauptgrund läge des ost¬
afrikanischen Handels bildet. Die Gesamtbevölkerung besteht aus rund
10 Millionen Negern und 28 000 nicht Einheimischen. Unter den 3700
Weißen, die neben einem regen Handel den rasch an Ausdehnung ge¬
winnenden Plantagenbau betreiben, sind 2700 Deutsche.
Wie die Küstenniederung durch ihr den Europäern feindliches Klima
die wirtschaftliche Entwicklung Deutsch-Ostafrikas hemmt, so das Innere
durch eine Reihe anderer Gründe. Vor allem infolge der erwähnten
starken Trockenheit gewaltiger Landstriche, welche auf weite Strecken hin
eine ergiebige Bodenkultur nicht zuläßt. Sodann wegen der Stellung der
Eingeborenen gegenüber den Europäern. Die meisten Stämme sind bei
ihrer Bedürfnislosigkeit wenig zu Pflanzungsarbeiten geneigt. Zudem hat
sich das deutsche Kolonialregiment durch seinen Kampf gegen die Sklaven¬
jagden das einflußreiche Araberelement zum Feinde gemacht, in der
Gefolgschaft desselben aber auch verschiedene Negerstämme wie Mafiti
und Massai. Weiterhin sind auch hier die Flüsse (Rovuma, Rufidschi,
Pangani) als Verkehrsstraßen nur auf unbedeutende Strecken verwertbar.
Weil endlich die Tsetsefliege die Viehzucht in manchen Gebieten nicht