fullscreen: Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden (Teil 1)

192 Die Neuzeit. 
Verlust an Menschen und Vieh, an beweglichem Gut und Gebäuden ungeheuer 
war. Deutschland kam nun an Volkszahl weit hinter Frankreich. Alle 
Stände waren tief verschuldet, Handel und Wandel lagen bis auf wenige 
Plätze darnieder, das Nationalgefühl war gebrochen. So konnte Frankreich 
auf politischem und geistigem Gebiete die Vorherrschaft erwerben, und Holland 
wie England Deutschland in wirtschaftliche Abhängigkeit bringen. 
Staatenbund- 2. Politisch. Das deutsche Reich war nur noch ein Staatenbund, 
dessen zahlreiche Mitglieder sehr lose mit einander zusammenhingen. Eine 
Ohnmacht des eigentliche Reichsgewalt gab es nicht mehr; der Kaiser hatte nur noch sehr 
Äaifers. wenige, unbedeutende Befugnisse. Das Reichskammergericht zu Wetzlar, 
der Wiener Reichshofrat und der Reichstag bildeten noch die vorhandenen 
Einigungsmittel, tatsächlichen Einigungsmittel. Die zur Beschickung desselben berechtigten 
Staaten besaßen zusammen 240 Stimmen, die in drei Kurien zerfielen. Zur 
Das Fürstentum, ersten gehörten die acht Kurfürsten, zur zweiten 69 geistliche und 96 weltliche 
Fürsten, zur dritten 65 (später 51) Reichsstädte, zwei Stimmen der nicht 
gefürsteten höheren Geistlichen und vier der Grasen und Herren. 
.Souveränität". ^ Die fast ganz und gar unabhängig gewordenen Landesfürsten schufen 
Stehendes Heer, sich meistens ein stehendes Heer. In den größeren Staaten, vor allem in 
Landstände. Brandenburg-Preußen, Österreich und Bayern, wurden die Landstände ihrer 
Bedeutung und ihres Einflusses beraubt. Jeder Staat verfolgte seine eigene, 
nur seinem Sondervorteil dienende Politik, wobei fast keiner Bedenken trug, 
Die Habs- mit dem Ausland Hand in Hand zu gehen. Die Habsburgischen Lande 
burgxfchen Lande, wurden von der ferneren Entwicklung des deutschen Lebens, das auf geistigem 
Gebiete unter Einfluß des norddeutschen Protestantismus stand, abgesondert. 
Verhältnis So gab es kaum noch ein gemeinsames großes Vaterland für den ein- 
zum Ausland, zelnen Deutschen. Deutschland wurde mehr und mehr ein „geographischer 
. Begriff". So war es möglich, daß die Gebildeten zu „Weltbürgern" wnr- 
den. Um so leichter wurde es bei solchem Mangel nationalen Bewußtseins 
den Fremden, ihren Einfluß zu vergrößern, die Deutschen ihrem Vorteil 
dienstbar zu machen, in den einen von ihnen Bundesgenossen gegen die 
anderen zu gewinnen. 
3. Die einzelnen Stände und Erwerbsklaffen. a. Bauernstand und 
Landwirtschaft. Am meisten hatte der Bauer leiden müssen. Das Zug- 
und Nutzvieh war fast ganz vernichtet, die Flur weithin mit Gestrüpp 
bewachsen, die Wiese verschlammt, Hans und Hof ganz zerstört oder in 
zerfallenem Zustande. Tausende heimatlos gewordener Landleute hausten im 
Wald oder Sumpf. Wer draußen blieb, gewöhnte sich an elende Wohnung, 
jämmerliche Nahrung, auch an schlechte Behandlung, verlor allen Lebensmut, 
allen Drang zur Arbeit, ward roh und oft auch gewaltthätig. Dazu kam, 
daß viele entlassene Soldaten im Lande umherstreiften, daß infolge des 
argen Menschenverlustes Arbeitermangel eingetreten war, und bei dem Zurück- 
gehen der Städte der Absatz fehlte. Und selbst dies harte Los der Bauern- 
schaft wurde noch verschlechtert. Denn der Staat forderte neue, sich 
für und für steigernde Abgaben und Stellung von junger Mannschaft, der 
Grundherr plagte sie durch Willkür aller Art, z. B. durch Erhöhung der 
Zinse, Vermehrung der Fronen und durch das Jagdwesen.
	        
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