Der Kleinrusse erscheint von höherer Statur, aber 
von feinerem Körperbau. Seine Lieblingsberufe liegen iin 
Ackerbau und in der Viehzucht. Daneben aber zieht es ihn 
auch zu Kunst und Wissenschaften hin. Der größte Teil der 
russischen Dichter und Gelehrten ist seinem Zweige entsprossen. 
Der Weißrusse spielt eine weit geringere Rolle. Er lebt 
in den sumpfigen Waldgebieten des oberen Dnjepr und der 
oberen Düna in ärmlichen Verhältnissen. Ihren Namen 
sollen sie von den weißen Filzhüten erhalten haben. 
Der Körper des Russen ist dnrch Hitze und Kälte, Dampf- 
und Schneebäder, die er mit Vorliebe direkt hintereinander 
nimmt, abgehärtet. In jedem Dorfe befinden sich nahe am 
Bache oder Flusse öffentliche Badestuben für Dampfbäder, ans 
denen lder Badende in das kalte Wasser oder den Schnee springt. 
Auch gegen Hunger, Durst und Schmerzen ist der gewöhn- 
liche Russe, der in den meisten Fällen dürftig lebt, abgehärtet. 
Um ab und zu sein hartes Los zu vergessen, greift er zum 
Branntwein und nimmt diesen bis zur Besinnungslosigkeit. 
Ist sein Rausch vorüber, dann arbeitet er wieder hart und 
in Entbehrungen oft wochenlang, bis es ihn wieder von neuem 
zum-Schnapsteufel zieht. 
Große Liebe bringt der Russe £)er Musik und dem Ge- 
fang entgegen. Seine Gesänge tragen durchweg einen weh- 
mutigen Charakter. Zwei andere Züge des Russen bedürfen 
noch einer besonderen Erwähnung. Das ist seine F r ö m m i g- 
keit und — die Unredlichkeit, die sich in der schäm- 
losesten Weise gerade im russischen Beamtentum zeigt. In 
jedem Hause befinden sich Heiligenbilder der Tür gegenüber. 
Der Eintretende bekreuzigt sich zuerst vor dem Bilde, dann 
grüßt er. Aber alle Frömmigkeit ist doch eine mehr äußerliche 
und läßt fiir den krassesten Aberglauben das breiteste Feld frei. 
Der Russe gehört der griechisch-katholischen Kirche an. 
„Väterchen Zar" ist das Haupt derselben, der sichtbare Stell- 
Vertreter Gottes, Kaiser und Oberpriester zugleich. Mit 
blindem Vertrauen sieht man zu ihin hinauf. Das aber ver- 
hindert nicht, daß die größte Zahl der „Väterchen" unfrei- 
willig ins Jenseits geschickt wurde. 
Die russischen Wohnhäuser sind in den Waldgebieten als 
Blockhäuser, in den Steppen als Lehmhütten errichtet. _ Der 
große Heiz- und Backofen, um den und auf dem sich^die be- 
liebtesten Schlafstätten befinden, nimmt den größten Teil des 
Wohnraumes ein. 
Gewöhnlich wohnt der Rnffe in Dörfern. Manche der-
	        
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