Object: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

366 Gesetzgebende Nationalversammlung vom Herbst 1791 bis Herbst 1792. 
ließen sie unter dem Kommando des Herzogs Ferdinand von Braun- 
schweig in Frankreich einrücken. Beim Einmarsch in das feindliche Land 
Manifest des veröffentlichte dieser ein. von einem Emigranten abgefaßtes Manifest, das 
Braunschwew in. ber ungeschicktesten Weise alle Anhänger der Neuerungen in Frank- 
reich mit Beleidigungen und Drohungen überhäufte und dadurch das 
für seine politische Freiheit begeisterte Volk in die höchste Wut versetzte. 
Als nun die Nationalversammlung den Beschluß faßte, „das Vaterland 
sei in Gefahr", beriefen die Jakobiner aus Marseille und anderen See- 
städten Scharen des ärgsten Gesindels, selbst Galeerensträflinge/) die 
dttrch ihren Haß gegen Aristokratentum und Besitzende jetzt zu Ehren 
kamen, nach Paris und verstärkten dadurch den ohnedies zahlreichen 
Erstürmung Pöbel der Vorstädte, der nun (am 10. August 1792) einen förmlichen 
Merten, ©türm auf die Tuilerien unternahm. Der König ließ sich überreden, 
mit den Seinen in der Nationalversammlung Schutz zu suchen. Als 
man dort die Flintenschüsse von den Tuilerien, die von der Schweizer- 
garde des Königs verteidigt wurden, her hörte und die Versammlung 
Untergang der den König aufforderte, feiner Leibwache das Feuern auf das Volk zu 
Schweizer- verbieten, willfuhr Ludwig auch diesem Verlangen und opferte dadurch 
gar cn. Leben seiner Gardisten. Denn als diese auf seinen Befehl das 
Feuer einstellten und aus den Tuilerien abzogen, wurden sie von dem 
ergrimmten Pöbel größtenteils niedergemacht, das Schloß aber erstürmt 
und seine Einrichtung zerstört, wobei alle noch Anwesenden (Edelleute 
und Diener) ermordet wurden.2) 
Ludwig xvi. Nachdem sich der König so selbst aufgegeben, wurde durch Beschluß 
tm Temple. der Nationalversammlung die königliche Gewalt außer Kraft gesetzt, der 
König mit seiner Familie unter Aufsicht gestellt und zu diesem Zwecke 
in ein früher den Tempelherren gehörendes bürg ähnliches Gebäude, den 
Temple, gebracht. Sein endgiltiges Geschick, wie das der Monarchie 
aber sollte eine neue Volksvertretung, der Nationalkonvent, beschließen.3) 
') Diese machten damals die rote Schiffermütze des Südens, die in ihrer nach 
vorne übergestülpten Form an die antike phrygifche Mütze erinnert, zu einem neuen 
Abzeichen volksfreundlicher Gesinnung, das mau von nun an die Jakobinermütze nannte. 
Die französische Revolution wirkte aber auch noch in anderer Weise auf die Tracht 
ein. Schon während des nordamerikanischen Freiheitskrieges war der walzenförmige 
Quäkerhut Franklins beliebt geworden, aus dem in der Folge unser ,,Cylinder" her¬ 
vorgegangen ist. Wie ferner die Revolution alles zu vernichten strebte, was an die 
Feudalzeit erinnerte, so verdrängte sie auch die zur Hoftracht gehörende Kniehose 
(oulotte) durch die langen bürgerlichen Beinkleider. „Sansculotten" sind also ursprünglich 
die das Hofkleid (oulotte) Verschmähenden, die in der Tracht des Volkes giengen, aber 
ihre Verachtung alles Aristokratischen bald auch durch absichtliche Vernachlässigung des 
Äußeren (Wirrhaare an Stelle von Perrücke und Zopf) zu erkennen geben wollten. 
Gleichzeitig mit der Jakobinermütze kam auch die Errichtung von Freiheitsbäumen in 
Schwung und erhielt die Revolution in der „Marseillaise" des Dichters Rouget de 
l'Jsle ihren Hymnus und ihr Kriegslied. 
2) Im ganzen gegen 5000 Personen, darunter 700 Schweizer, zu deren Andenken 
„der Löwe von Luzern" errichtet wurde, ein von einer Lanze durchbohrter und über 
dem Lilienschild der Bourbonen zusammenbrechender Löwe — ein Marmorbild nach 
ThorwaldsenS Entwurf in Luzern. 
3) Lafayette, der damals bei den Truppen an der belgischen Grenze stand und 
mit dem Sturze der Monarchie nicht einverstanden war, wollte sich, von seinen Soldaten 
im Stiche gelassen, über Holland nach Nordamerika begeben, fiel aber den Österreichern 
in die Hände und wurde bis 1797 gefangen gehalten.
	        
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