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Freude an dem leiblichen und geistigen Gedeihen lieber Kinder und Enkel¬
kinder. Doch das Glück wurde auch durch schweres Leid getrübt. Am
2. Februar 1886 verschied zu Cannes in Südfrankreich, wo er vergeblich
Heilung gesucht hatte, Erbprinz Leopold. Er hinterließ als Witwe seine
ihm erst 1884 angetraute Gemahlin, die Erbprinzessin Leopold, geborene
Prinzessin Elisabeth von Hessen, und als einziges Kind die am 3. März 1885 auf
Schloß Georgium bei
Dessau geborene Prin-
zessinAntoinetteAnna.
DiePrinzessin Eduard
beglückte ihren Ge¬
mahl durch die Geburt
zweier,, Prinzessinnen
und dreier Prinzen.
Zwei von diesen Kin¬
dern, Prinz Friedrich
Leopold und Prin¬
zessin Friederike Mar-
garete,wurden im zar¬
testen Alter ihren El¬
tern wieder entrissen.
M 2. Bei seinem Re¬
gierungsantritte fand
Herzog Friedrich I.
eine zweifache Aufgabe
vor: erstens die Ver¬
hältnisse Anhalts den
Zuständen des neuen
Deutschen Reiches an¬
zupassen und dadurch
den Ausbau desselben
nach Kräften zu för¬
dern, zweitens die un¬
ter Herzog Leopold
bereits begonnene Ver¬
schmelzung der wieder vereinigten anhaltischen Lande zu einem Ganzen
durch eine einheitliche Gesetzgebung zu Ende zu führen.
a. Nach der Verfassung des Deutschen Reiches haben die deutschen Fürsten
ihren Willen in Reichsangelegenheiten durch den Bundesrat zu äußern. Zu dieser
Körperschaft entsendet der Herzog von Anhalt einen Vertreter, zur Zeit den Herzoglichen
Staatsminister. In den Deutschen Reichstag wählen die Bewohner Anhalts zwei Ab¬
geordnete. Daher ist Anhalt in zwei Reichstagswahlkreise geteilt, welche durch die
Eisenbahn Magdeburg-Cöthen-Halle von einander getrennt werden. Die Wahl ist für
die männlichen Einwohner vom vollendeten 25. Lebensjahre ab allgemein und geheim
bei gleichem Stimmrechte. Als allgemeine Reichseinrichtungen, die zum Teil schon vom
Norddeutschen Buube übernommen wurden, gelten u. a. für Anhalt noch: die Militär¬
konvention (S. 74), die Reichsgrenze als gemeinsame Zollgrenze, die Freizügigkeit, die
Gewerbefreiheit, die Einheit in Münze, Maß und Gewicht sowie im Post- und Telegraphen¬
wesen, die Kranken-, Unfall-, Alters- und Jnvaliditätsverficherung, die Beurkundung
der Geburten, Eheschließungen und Todesfälle durch Standesämter, das Reichsstraf¬
gesetzbuch, seit 19u0 auch das Bürgerliche Gesetzbuch, das Reichsgericht. Als Zuschuß
zu den Kosten für gemeinsame Reichseinrichtungen zahlt Anhalt jährlich eine bestimmte
Fig. 39. Herzog Friedrich I.