Object: [Bd. 2 = Quinta, [Schülerband]] (Bd. 2 = Quinta, [Schülerband])

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beim Versand auch zusammengebunden werden. Jetzt rollt der Wagen 
klappernd über eine weit hingestreckte Muschelbank. Der durch eine 
Zigarre zum Mundauftun veranlaßte Rosselenker — ohne besonderen 
Grund öffnet der dortige Strandbewohner das „Gehege seiner Zähne“ 
nicht — erzählt uns in einer aus Platt— und hochdeutsch zusammen— 
gesetzten Mischung, daß diese Muschelbänke dem findigen Anwohner eine 
ergiebige Erwerbsquelle abgeben. Dieser gräbt die in ziemlicher Tiefe 
vorhandenen Muschelreste aus und brennt einen vorzüglichen Kalk daraus, 
der das eigene Bedürfnis fast ganz deckt. Gleichzeitig weist der Kutscher 
auf einige in geringer Entfernung grabende Leute hin, die eifrig bemüht 
sind, die ihnen zu Gebote stehende kurze Spanne Zeit auszunutzen; 
sie holen die mühsam gewonnene Ernte nachher im Boote ab. Aber 
nun ist auch unser eigener Blick geschärft. Wir sehen hochaufgeschürzte 
Gestalten sich im abfließenden Wasser bewegen, emsig bestrebt, ein rundes 
Netz vor sich her zu schleifen und nach genügendem Erfolge emporzuziehen, 
um dann die krabbelnde Beute in Körbe zu packen. Krabben sind's 
oder Garneelen, die sie fangen, diese wohlschmeckenden kleinen Krebse, 
dort „Granat“ oder „Knat“ genannt. 
Doch mit einem Male hält unser Wagen; der Kutscher springt 
vom Bocke herab und tritt näher an eine Wasserrinne heran, 
deren stark wirbelnde Sluten uns vorläufig die Weiterfahrt noch 
untersagen. Es ist dies einer der sogenannten Priele, Stickers 
Gat (S Gasse) genannt. Diese Priele verbinden hier die Elbe mit der 
Weser, d. h. es sind die tieferen Rinnsale, durch die bei Flut kleinere 
Schiffe fahren können, weil sie hier genügende Tiefe finden. Es leuchtet 
ein, daß, was des Schiffers Vorteil ist, für uns Nachteil bedeutet. Da 
heißt es, hübsch ruhig und geduldig abwarten, bis die Gefahr, von 
dem reißenden Wasser mit fortgerissen zu werden, vorüber ist. Und 
betrachte dir nur unsern Nordseemann, mit welcher Seelenruhe er von 
Zeit zu Zeit den Peitschenstiel hinabläßt, um die Tiefe des Wassers 
ablesen zu können. Alle Ungeduld hilft nichts. Endlich — endlich besteigt 
der Gestrenge langsam seinen verantwortlichen Sitz, ein leiser Zügel— 
schlag, und wir rollen von den starken und salzwassergewohnten Pferden 
sicher gezogen abwärts in den Priel hinab. Freilich nicht, ohne daß 
die Gattin einen halbunterdrückten Schrei ausstößt, denn das Wasser 
dringt doch alsbald bis auf den Wagengrund. Da gilt es denn, die 
Füße hochhalten und nichts, was nicht naß werden darf, unten stehen 
lassen. Wir aber bitten inwendig dem verständigen Lenker alle unsere 
ungeduldigen Regungen ehrlich ab, da es sich doch herausstellt, wie 
sehr berechtigt er gehandelt. Plötzlich verlieren die Pferde den Grund 
unter den Füßen, sie schwimmen. Der Wagen aber bewährt sich in
	        
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