Full text: Görlitzer Heimatkunde

§ 112—114. 
A. Geschichtlicher Überblick, 
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§ 112. Besitzverhältnisse. Die alten slawischen Grundbesitzer wurden, 
salls sie sich nicht gütlich mit den Eroberern einigten, durch deutsche Ritter ersetzt, 
die die Güter „zu Lehn" vom deutschen Kaiser empfingen. An diesem recht- 
lichen Verhältnisse wurde auch dann nichts geändert, als das Land unter Polen 
(1018—1031) und unter Böhmen (1158—1253 und 1329—1635) stand. Dem 
Lehnsbesitz machte erst das 19. Jahrhundert ein Ende. Jetzt ist aller Besitz 
(mit einziger Ausnahme der wenigen sogenannten Fideikommißbesitzungen) 
Allod, d. h. freies Eigentum, wie denn solches „Erb uud Eigen" gleich von 
Anfang an in den „Sechsstädten" (s. § 121) bestanden hatte. 
§ 113. Das Christentum drang zugleich mit den deutschen Eroberern 
ein. Otto I. erhob Meißen, das sein Vorgänger angelegt hatte, zum 
Bistum, und der Bischof oou Meißen war während des ganzen 
Mittelalters der kirchliche Oberherr der Görlttzer Gegend (im Zittauer 
Gebiet war es der Erzbischof von Prag). Das älteste Kirchlein soll 
in Jauernick gestanden haben. 
§ 114. Einwanderung von Bauern. Um 1200 begann ein 
Wandern und Vorwärtsdrängen der Deutschen nach Osten, eine Be- 
wegung, die, der „Völkerwanderung" fast gleichwertig, die Grenzen des 
Deutschtums bis heute bestimmt hat, nämlich die Kolonisation in 
den Ländern östlich der Elbe. Zu Tausenden und aber Tausenden 
zogen damals auch nach der Oberlausitz deutsche, besonders thüringische 
und fränkische, Bauern unter Führung von Unternehmern (Loeatores) 
von Westen her, besiedelten planmäßig die meist noch waldbedeckten 
Täler und gründeten viele Dörfer, deren Namen sofort deutschen 
Ursprung verraten: Ludwigsdorf, Herm^annMorf, Friedersdorf, Pauls- 
dorf, Markersdorf, Schreibersdorf, Schönbrunn, Leopoldshain uftu.*) 
Das Land wurde ihnen von den Großgrundbesitzern, den deutschen 
Rittern, überlassen, und zwar gegen bestimmte Abgaben und Dienste. 
Der deutsche Rittersmann war als Eroberer und Herr gekommen; 
die Slawen wurden seine „Sklaven", was sie schon vorher unter 
ihrem Adel gewesen waren. Anders der deutsche Bauer: er war von 
Anfang an ein freier Mann, nur zu bestimmten Diensten und Abgaben 
verpflichtet. Sumpfiges und unfruchtbares Wald- und Flußlaud, wie 
es an der Elster und Spree sich findet, verschmähte der deutsche Bauer, 
während es der minder fleißige Wende schon mit seinem Holzpflug 
umriß, da es leicht zu bearbeiten war. Deshalb treffen wir noch in 
den Gegenden um Hoyerswerda und Rothenburg, die zu den wirt¬ 
*) Bisweilen entstand neben einer slawischen Siedlung ein deutsches Dorf, und 
das vorgesetzte Deutsch, Wendisch, Groß, Klein weist auf solche Entstehung hin; vgl. 
Deutsch- und Wendisch-Ossig, Deutsch- (jetzt Ober-) und Wendisch- (jetzt Nieder-)Bielan.
	        
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