Full text: Görlitzer Heimatkunde

H 133—136. 
A. Geschichtlicher Überblick. 
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hielten sie so laiige besetzt, bis der neue Landesherr den alten Landvogt bestätigt 
oder einen anderen ernannt hatte. 
§ 183, Die „Amtshauptleute", auch „Unterhauptmänner" und „Untervogte", 
in Bautzen und Görlitz waren neben dem Landvogte die obersten Regierungs- 
beamten. Aus einheimischen adligen Rittergutsbesitzern vom Landvogt 
ernannt, standen sie an der Spitze des Kreises Bautzen (wozu die Weichbilde 
Bautzen, Löban und Kamenz gehörten) und des Kreises Görlitz (die Weichbilde 
Görlitz, Zittau und Laubau). Nach dem Pönsalle 1547 (s. § 130) wurde für 
Verwaltung der Finanzen die Stelle eines „Landeshauptmanns" und eines 
„Gegenhändlers" neu geschassen. 
§ 184. Die Landtage, aus denen unter Vorsitz des Vogtes die Vertreter 
der Sechsstädte und des Landadels über die Landesangelegenheiten entschieden, 
wurden ursprünglich nur in Bautzen abgehalten, später entstanden auch „Parti- 
kular-Landtage" in Görlitz. Auf ihnen gab es zwei „Stimmen", die der 
„Landschaft" und die der „Sechsstädte"; diese beiden Behörden versammelten 
sich zunächst besonders und suchten dann in gemeinsamer Beratung eine Einigung. 
Zu trennen von diesen „Landtagen" sind die „Städtetage", die seit 1346 ge- 
wöhnlich in der Mitte des Landes in Löbau gehalten wurden. Sie waren im 
14. und 15. Jahrhundert viel häusiger als die Landtage, und da zu ihnen 
vielfach auch die Landstände und der Landvogt geladen waren, so hatten sie 
mindestens für schnell zu erledigende Sachen vor dem Pönsall eine viel größere 
Bedeutung als die Landtage. 
§ 185. Landesälteste. Selbstverständlich war auch der Adel berechtigt, 
besondere Versammlungen abzuhalten. Die natürlichen Vertreter der Mann- 
schast waren die „Ältesten"; deren gab es für beide Kreise Bautzen und Görlitz 
je zwei. Erwählt wurden sie „altem Brauche nach durch die genieine Land- 
schast". Sie waren die gegebenen Räte des Landvogts; auf ihr Ansuchen 
wurden die Landtage ausgeschrieben, aus denen sie Bericht über das verwichene 
Jahr erstatteten. 
Diese Landesältesten sind die Vorläufer der jetzigen Landeshaupt- 
leute des Preußischen Markgrastums Oberlausitz; dagegen hat die frühere 
Landeshauptmannschaft (stehe oben) mit der jetzigen nur den Namen gemein- 
schaftlich. 
d) Verwaltung. 
$ 136. Allgemeines. Seit der Zeit, wo sich vermöge der Urkunden die 
'Verhältnisse Überblicken lassen, sehen wir die Stadtbehörden eine fast un- 
um schränkte Herrschaft ausüben. Es war für die Entwicklung der städtischen 
Freiheit äußerst wichtig, daß, wiewohl Görlitz seit 1268-«-) die Hauptstadt der 
östlichen Oberlausitz war, dennoch in ihr niemals auf längere Zeit ein Herrscher 
weilte. Bei der Geldnot nun, in der sich die Herrscher des 14. und 15. Jahr- 
Hunderts sast ausnahmslos befanden, kaufte die tatkräftig emporstrebende 
Bürgerschaft ein Recht nach dem anderen den Landesherren ab (ein in der 
Stadt residierender Herrscher hätte niemals sich solcher Vorrechte begeben). So 
kam es, daß Görlitz bald sozusagen einen kleinen Staat mit allen seinen 
Vorrechten in richterlicher und administrativer Beziehung bildete. 
*) Damals wurden die gesainten brandenburgisch-askanischen Lande und auch die 
-Oberlausitz geteilt. 
Görlitzer Heimatkunde.
	        
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