Der kleine Rest des Abends wird auf verschiedene Weise hingebracht.
Die Tagelöhner verlassen den Hof; in behaglich warmer Gesindestube
sitzen die Mägde beim schnurrenden Spinnrade; der Junge schält für
morgen Kartoffeln oder schneidet Futterrüben; der Großknecht, nachdem
er draußen sein Quantum Häcksel geschnitten, nimmt vielleicht noch eine
Drehspindel zur Hand und dreht mit Hilfe des andern Jungen Stricke
von „Hede" (Werg) zum häuslichen Gebrauch oder sitzt mit ein paar
besuchenden Bekannten beim Kartenspiel, vielleicht auch mit der dampfenden
Pfeife bei einem Buche voll schöner Geschichten.
Auch in der Wohnstube drüben sitzt man traulich um die Lampe
des Tisches, auch dort tönt die Stimme eines Vorlesers, denn man ist
für den Winter bei einer Leihbibliothek in Oldenburg oder Bremen
abonniert. Aber so klein das Lesepublikum des Hauses ist, geht es doch
mit seinen Neigungen auseinander. Mutter und Tochter wollen immer
Romane, Vater und Sohn dagegen nichts als Reisebeschreibungen, zumal
recht abenteuerliche.
Mit dem Schlage zehn begibt sich alles zur Ruhe, und tiefe Stille
herrscht alsdann im ganzen weiten, sonst so rührigen Hause. Nur die
gute sorgsame Mutter macht noch einen späten Rundgang durch die
Räume und schaut überall nach Feuer und Licht. — Ein Mutterauge
ist scharf und wacht gern am längsten.
Das ist ein Tag auf dem Marschhofe — ein Stück norddeutschen
Bauernlebens.
37. Olterspiele im Siräkannoverscken Lerglancl.
Von I)einncb Sobnrey.
Iduna. Weimarisches Taschenbuch auf 1903. Berlin. 8. 69.
flsj-un wieder die grünen Ostern nahen, denke ich an mein fernes
J l Heimatsdorf, in anmutiger Verborgenheit gelegen im südhannoverschen
Berglande. Ich leihe mir die goldenen Flügel der Erinnerung und
fliege fort über Berge und Täler, über Flüsse und Fluren; ich komme
an ein Zauberschloß, die Tore springen auf, und ich schreite hindurch.
Ein bescheidenes, aber wundersam herziges Wesen empfängt mich, lacht
mich an und führt mich, mit silberheller Stimme redend, an der Hand.
Es ist meine Jugend. Und wir gehen vorüber an blanken Bauern¬
häusern und dürftigen Tagelöhnerwohnungen, und die Fenster blinken,
und hinter ihnen gucken freundliche Gesichter heraus, und auf den Stein¬
wegen, die zur Haustür führen, und auf der Schwelle der Haustür sitzen
liebe alte Bekannte und erzählen und lachen in den wonnigen Oster¬
sonntag hinein.
Und ich wandere, von Haus zu Haus grüßend, durchs traute Dorf
— und auf einmal sehe ich mich auf dem großen, grünen Wiesenplan,