953 Geschichte.
deutschland alles so regelte, wie es ihm beliebte. Mit den süddeutschen Staaten,
die eine geringe Kriegsentschädigung zahlten, schloß Preußen ein Schutz- und
Trutzbündnis. Hannover, Hessen-Kassel, Nassau und Frankfurt a. M.
wurden mit Preußen vereinigt.
) Bedeutung des Krieges. Durch den Krieg hatte Preußen die un—
bestrittene Führung in Deutschland gewonnen. Sein Land war um 65000 qkm
mit über 4 Millionen Bewohnern vergrößert worden und bildete nunmehr ein
abgerundetes, zusammenhängendes Gebiet von der Memel bis zum Rhein. Durch
die Erwerbung von Schleswig-Holstein war der für den Seehandel sehr wichtige
Zugang zur Nordsee erreicht. Die norddeuts chen Staaten, darunter auch Sachsen,
schlossen den Norddeutschen Bund, an dessen Spitze der König von Preußen
stand. Bismarck wurde zum Bundeskanzler ernannt. Die Gesetzgebung wurde
vom Reichstage und dem Bundesrate gemeinsam ausgeübt. Preußen erhielt
den Oberbefehl über die Streitkräfte des Bundes zu Wasser und zu Lande und
das Recht, ihn im Verkehr mit andern Mächten zu vertreten.
5. Der Deutsch-Französische Krieg.
a) Ursache des Krieges. Die Franzosen betrachteten sich als die „große
Nation“. Sie sahen mit Neid auf Preußens Ruhm und forderten „Rache für Sadowa“.
Napoleon gab der Volksstimmung nach und wollte durch Demütigung Preußens
seinen Thron festigen. 1870 glaubte er eine Gelegenheit dazu gefunden zu haben.
Der Prinz Leopold von Hohenzollern⸗-Sigmaringen wurde nämlich zum Könige von
Spanien gewählt. König Wilhelm gab als Oberhaupt des Hohenzollernhauses — nicht
als König von Preußen — seine Genehmigung dazu. Darauf verlangte Napoleon
von ihm, er solle dem Prinzen die Annahme der Königskrone verbieten. König
Wilhelm lehnte dies ab, sagte aber, er wolle nichts dagegen haben, wenn der Prinz
freiwillig auf die Krone verzichte. Als dies geschehen war, verlangte Napoleon weiter,
der König solle versprechen, auch in Zukunft nicht zu erlauben, daß ein Hohenzoller
den spanischen Königsthron besteige. Dies lehnte der König kurz ab. Er befand sich
damals gerade in Ems zu einer Kur. Als dort der französische Gesandte zudringlich
gegen ihn wurde, ließ er ihm erklären, er habe ihm weiter nichts mitzuteilen.
Dadurch fühlten sich die Franzosen beleidigt und drangen auf Krieg. Auf den
Straßen von Paris rief die aufgeregte Menge: „Nach Berlin!“ Als der französische
Kriegsminister erklärt hatte, daß zum Kriege alles bereit sei, wurde die Kriegserklärung
an Preußen abgesandt. Die mannhafte Zurückweisung französischen UÜbermutes
erweckte eine große Begeisterung bei jung und alt wie im Jahre 1813. Die Reise des
Königs von Ems nach Berlin guch einem Triumphzuge. Äm Todestage der Königin
Luise suchte der König die Grabstätte seiner Eltern auf und erflehte dork von Gott den
Sieg. Dann erneuerte er den Orden des Eisernen Kreuzes als höchste Anerkennung
für Tapferkeit im Kriege. In allen deutschen Gauen aber erklang „Die Wacht am
Rhein
b) Die Streitkräfte. As die Kriegserklärung in Berlin eingetroffen war,
bewilligte der Reichstag begeistert die Mittel zum Kriege. Auch die süddeutschen
Staaten stellten ihre Truppen unter den Oberbefehl des Königs von Preußen. Die
Franzosen standen, 250000 Mann stark, als „Rheinarmee“ von Metz bis Belfort. Den
Oberbefehl führte der kranke Kaiser Napoleon selbst. 50000 Mann bildeten die Reserve,
die der Rheinarmee den Rücken decken sollte, wenn sie in Deutschland einfiel. Die Aus—
rüstung dieser Heere war jedoch unvollständig, die Verpflegung ließ viel zu wünschen